«Haben Sie schon viele Kunden ausgenommen?»

Aktualisiert

Fragen an den Finanzhai«Haben Sie schon viele Kunden ausgenommen?»

Provisionsjäger, Abzocker, Geldverbrater: Finanzberater geniessen wenig bis gar kein Ansehen. Auch Journalisten haben einen miesen Ruf. Ein Gespräch unter Leidensgenossen.

von
S. Spaeth

Herr Spring, eigentlich müssten Sie mir gratulieren!

Reto Spring:Warum?

Die Journalisten haben im Vertrauensranking einen Platz besser abgeschnitten als die Finanzberater!

Das nehmen wir sportlich. Nun rollen wir das Feld von hinten auf. Das schlechte Abschneiden ist durchaus ein Anreiz, sich zu verbessern.

Wie viele Kunden haben Sie schon übers Ohr gehauen?

Ich musste bis jetzt niemanden übers Ohr hauen. Ich habe als unabhängiger Berater die Auswahl aus über 5000 Finanzprodukten. Am Schluss entscheidet der Kunde.

Praktisch. Damit sagen Sie doch, dass Sie jede Verantwortung ablehnen.

Das stimmt nicht. Wir setzen uns mit den Kunden an den Tisch für eine Analyse und Beratung. Am Ende zeigen wir verschiedene Möglichkeiten auf, die sich in Preis und Leistung unterscheiden. Dann muss der Kunde entscheiden, was ihm wichtig ist.

Nur Politikern und Autoverkäufern trauen die Bürger noch weniger als ihrer Branche. Was läuft schief?

Das ist schwer zu sagen. Einen Teil des Misstrauens schlägt uns sicher wegen der Lohnexzesse der Banker entgegen. Das Problem ist zudem: Finanzberater ist kein geschützter Titel. Jeder kann sich so nennen, ob ausgebildet oder nicht.

Das ist im Journalismus nicht anders. Sind Sie vom schlechten Abschneiden Ihrer Branche enttäuscht?

Nein. Es tröstet mich aber, dass mein Berufsstand in guter Gesellschaft ist. Rechtsanwälte und Priester sind nur zwei Positionen vor uns. Dann kann unser Abschneiden doch nicht so schlecht sein.

Nur ein Viertel der Personen traut den Finanzberatern über den Weg. Wie wollen Sie das verbessern?

Es braucht vor allem Transparenz und Unabhängigkeit. Damit wollen wir uns gegenüber jenen abheben, die sich zwar Berater nennen, aber nur Produkte eines einzelnen Anbieters verkaufen. Die pro forma unabhängigen Berater von Banken und Versicherungen verkaufen zu 80 Prozent eigene Produkte.

Man liest ständig von falsch beratenen Kunden, die Riesenverluste einfahren. Sie sollten sich Finanzverbrater nennen.

Ich nehme das mit Humor. Tatsächlich sind Kunden ins Messer gelaufen, weil sie mit unseriösen Beratern gearbeitet haben. Wichtig ist, nicht dem erstbesten «Schnurri» zu glauben. Die schwarzen Schafe schaden uns noch immer. Leider ist unsere Branche wenig reguliert. Wenn sich jeder Arzt nennen könnte, würde das auch Quacksalber auf den Plan rufen.

Eine aktuelle Umfrage des «Tages-Anzeiger» zeigt: Selfmade-Anleger fahren besser. Weshalb braucht es Sie noch?

Wenn sich jemand informiert und selbst zu einem Entscheid kommt, ist er zufrieden. Das braucht aber viel Zeit. Letztlich ist es so: Ich kann schon versuchen das Auto selbst zu reparieren, viel mehr als den Reifenwechsel werde ich aber nicht hinkriegen. Wenn es um Komplexeres geht, braucht es Spezialisten.

AWD-Gründer Carsten Maschmeyer gilt als Gott der Finanzberater. Hat er der Branche Segen gebracht?

Maschmeyer ist eine charismatische Persönlichkeit. Er glaubte an seine Chance, auch wenn ihm viele sagten, er werde es nie schaffen. Er hat der Branche gut getan, weil er mit unabhängigen Beratungen die Banken- und Versicherungsszene aufgemischt hat.

Als Journalist beneide ich die Finanzberater nicht – ausser vielleicht, weil sie immer teure Uhren und Massanzüge tragen. Gibt es etwas, worauf Sie bei Journalisten neidisch sind?

Dass man Zugang zu speziellen Events oder Leuten hat, die im Rampenlicht stehen. Etwas neidisch bin ich auch auf die lockere Kleiderordnung – vor allem wenn die Temperaturen wieder steigen.

Diesen Berufen vertrauen die Schweizer:

RangBerufProzent1.Feuerwehrleute94%2.Krankenschwestern92%3.Piloten92%4.Apotheker91%5.Ärzte89%6.Landwirte82%7.Polizisten81%8.Lehrer75%9.Meteorologen63%10.Richter63%11.Taxifahrer56%12.Rechtsanwälte56%13.Reiseveranstalter50%14.Priester, Pfarrer45%15.Gewerkschaftsführer35%16.Journalisten31%17.Finanzberater26%18.Politiker24%19.Fussballspieler21%20.Autoverkäufer19%

Für die Umfrage wurden 1506 Personen befragt

(Quelle: Reader's Digest)

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