Migros und Nahost«Israel» allein reicht nicht mehr
Die Migros gibt sich politisch: Ab 2013 müssen Waren, die aus den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten stammen, auch als solche deklariert werden.

Ein Palästinenser im besetzten Gebiet pflanzt sie an, im Migros werden sie verkauft: Diese Ware muss jetzt deklariert werden.
Wie andere Grossverteiler führt auch die Migros eine Reihe von Produkten, die aus den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten stammen. Darunter sind etwa Datteln, Kartoffeln, Früchte, Küchenkräuter oder Soda Club-Geräte. Deren Herkunft soll in Zukunft deklariert werden.
Heute stammen solche Produkte gemäss Herkunftsangabe schlicht aus «Israel». Tatsächlich kommen einzelne Artikel jedoch aus palästinensischen Gebieten, die von Israel besiedelt sind, etwa in der Westbank oder in Ost-Jerusalem, wie es in einer Meldung des «Migros-Magazins» vom Montag heisst. Die betreffenden Siedlungen werden von der UNO und vom Bundesrat als völkerrechtswidrig beurteilt.
Bisher konnten die Kundinnen und Kunden nicht feststellen, ob die Migros-Produkte aus den illegalen Siedlungen stammen. Darum sollen diese nun mit «Westbank, israelisches Siedlungsgebiet» oder «Ost-Jerusalem, israelisches Siedlungsgebiet» gekennzeichnet werden. Die Migros plant, die neue Deklaration Mitte 2013 einzuführen.
Entscheid beim Kunden
«Wir sorgen damit für Transparenz, damit der Kunde selber entscheiden kann, ob er das Produkt kaufen will oder nicht», sagte Migros-Sprecherin Monika Weibel auf Anfrage. Die Produkte ganz aus dem Sortiment zu nehmen, ist für den Grossverteiler jedoch kein Thema.
«Die Migros verhält sich politisch neutral. Wir wollen den Kundinnen und Kunden die Wahl lassen», sagte Weibel. Schliesslich gebe es kein Verbot, Produkte aus Israel zu importieren.
Für die Erklärung von Bern (EvB) ist die Deklaration von Produkten aus den israelischen Siedlungsgebieten grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung. Es liege in der Verantwortung der Konsumentinnen und Konsumenten, darauf zu achten, woher ein Produkt komme, und einen bewussten Kaufentscheid zu fällen, sagte Andrea Hüsser von der EvB auf Anfrage.
Allerdings müssten diese beim Kauf ohnehin schon zu viele Informationen verarbeiten. Hüsser sieht die Hauptverantwortung darum bei den Unternehmen, ihre Handelspartner auszuwählen und für eine vertretbare Herkunft ihrer Produkte zu sorgen.
Krisengebiete ausblenden
Auch Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), hält die von der Migros geplante Deklaration für fragwürdig. Es sei für den Konsumenten verwirrend, nur Produkte aus einem bestimmten Krisengebiet zu deklarieren und alle anderen auszublenden.
Stalder spricht sich dafür aus, die Herkunft aller Produkte exakt anzugeben. «Wer sich politisch interessiert, kann seinen Kaufentscheid darauf abstützen», sagte sie der SDA.
Coop ist in Sachen Deklaration nach eigenen Angaben schon weiter als die Konkurrenz. Kräuter aus dem Westjordanland würden als solche bezeichnet, sagte Coop-Sprecher Urs Meier auf Anfrage. Ebenso die Soda-Club-Geräte, die ausschliesslich im Westjordanland hergestellt würden. Aber auch Meier betont, dass Coop keine Aussenwirtschaftspolitik betreibe und die Kundschaft nicht bevormunde. (sda)