Steuerdeal erlaubt deutsche Bank-Aufpasser

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Das Steuerabkommen mit Deutschland gibt offenbar grünes Licht für Kontrolleure in Schweizer Banken. Damit wächst auch in Bundesbern die Ablehnung - die AUNS will nötigenfalls das Referendum ergreifen.

von
fum
Das Bild täuscht: Der Wind weht in der Schweiz und in Deutschland zumindest auf politischer Ebene derzeit nicht in die gleiche Richtung.

Das Bild täuscht: Der Wind weht in der Schweiz und in Deutschland zumindest auf politischer Ebene derzeit nicht in die gleiche Richtung.

Die Schweizer Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf hat im Steuerabkommen mit Deutschland eine weitgehende Konzession gemacht, die sie bislang nicht kommunizierte. Wie die Zeitung «Der Sonntag» berichtet, bekommt Deutschland das Recht, eigene Aufseher in die Schweizer Banken zu schicken. Demnach darf die deutsche Aufsichtsbehörde BaFin überprüfen, ob sich die Banken an die deutschen Anleger- und Verbrauchervorschriften halten. Der Zürcher Bankenprofessor Martin Janssen hat das Abkommen analysiert und ist entsetzt: «Die Schweiz wird einen massiven Souveränitätsverlust erleiden.»

SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz sagt: «Wenn deutsche Aufseher tatsächlich in der Schweiz tätig sein dürfen, ist das ein absolutes No-go.» Er sehe die nach einer ersten Beurteilung geäusserte Skepsis der SVP leider bestätigt und setze inzwischen «ein sehr grosses Fragezeichen hinter das Abkommen, das mehr und mehr zu Ungunsten unseres Landes ausfällt». Amstutz kritisiert die Schweizer Verhandlungsführung: «Sie wurde von den Deutschen, die offenbar sehr dreist auftreten, über den Tisch gezogen.» Was Deutschland erreicht habe, «grenzt an staatliches Raubrittertum».

Mitteparteien werden skeptisch

Auch in der CVP und der FDP, die das Abkommen bislang klar unterstützten, wächst die Kritik. CVP-Ständerat Pirmin Bischof (SO) plädiert für eine nüchterne Güterabwägung und betont: «Wir dürfen uns nicht erpressen lassen – die Schweiz kann auch ohne dieses Abkommen leben.» Nationalrat Philipp Müller (AG), designierter FDP-Präsident, wirft Widmer-Schlumpf vor, «dass das Kleingedruckte aus den Verhandlungen immer erst später und häppchenweise auftaucht».

Bereits im Juni sollen National- und Ständerat über das Abkommen befinden. CVP-Nationalrat Ruedi Lustenberger (LU) lanciert nun aber den Vorschlag, dass man abwarten solle, bis das Abkommen durchs deutsche Parlament ist: «Das könnte unsere Position stärken. Und kommt von den Nachbarn ein Nein, dann ist die Sache für uns erledigt.»

Kritische Stimmen auch bei SP und Grünen

Auch auf linker Seite gibt es gegenüber dem Steuerabkommen Widerstand - wenn auch aus anderem Antrieb: «Ich sehe nicht ein, warum wir Steuerhinterziehern helfen sollten, ihre Schwarzgelder vereinfacht zu legalisieren», sagt SP-Nationalrat Cédric Wermuth in der «SonntagsZeitung». Die Hinterzieher seien Leute, die dafür sorgen würden, dass Familien und kleine Steuerzahler mehr Steuern zahlen müssten. «Der deutsche Staat muss diese vor Gericht ziehen, und die Schweiz soll von sich aus die Daten dafür ausliefern.»

Wermuth würde nur unter strengen Bedingungen einer Vergangenheitsbewältigung mittels Abgeltungssteuer zustimmen: Er fordert vom Bundesrat eine Globallösung, die er von sich aus allen betroffenen Staaten anbietet. Zudem müssten Vergangenheits- und Zukunftslösung in separaten Abkommen dem Parlament vorgelegt werden. Und als Zukunftslösung akzeptiert der SP-Jungspund nur den automatischen Informationsaustausch. Er stellt sich damit gegen die offizielle SP-Haltung, denn die Parteispitze erachtet das Abkommen trotz Mängeln als «einen Schritt in die richtige Richtung».

Ebenfalls unsicher ist die Situation bei den Grünen. Parteipräsident Ueli Leuenberger ist persönlich der Ansicht, dass man dem Abkommen nur zustimmen sollte, falls die Weissgeldstrategie endlich gegenüber allen Ländern angestrebt werde.

AUNS will Steuerdeal mit Referendum bodigen

Auch wenn das Schweizer Parlament das Steuerabkommen mit Deutschland absegnen sollte - im Trockenen ist es damit noch längst nicht: Die Chefs der Bewegung «Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz» (AUNS) planen in diesem Fall das Referendum. Der Staatsvertrag sei ein massiver Eingriff in Schweizer Neutralität und schalte die Rechtsordnung aus, sagt der AUNS-Präsident und Schwyzer SVP-Nationalrat Pirmin Schwander gegenüber dem «SonntagsBlick»: «Wir müssen deshalb das Referendum ergreifen.»

Am 28. April werden die AUNS-Mitglieder an ihrer jährlichen Versammlung darüber abstimmen können, sagt Schwander. Er nimmt das Resultat vorweg: «Es brodelt in der Basis. Es wird kaum Gegenstimmen geben.» AUNS-Geschäftsführer Werner Gartenmann will den Deal ebenfalls vors Volk bringen: «Wir haben genügend Mittel und Ressourcen, um allein die nötigen 50'000 Unterschriften zu sammeln.»

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