Kleine Banker zahlen US-Zeche

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AnalyseKleine Banker zahlen US-Zeche

Die Lex USA stellt fundamentales Rechtsempfinden auf den Kopf. Im Steuerstreit mit den USA werden die Kleinen gehängt und die Grossen laufen gelassen.

von
Lukas Hässig
Die kleinen Banker stehen im Regen.

Die kleinen Banker stehen im Regen.

Sie sind die Buchhalter Nötzli von Swiss Banking. Die Kundenberater, Rechtsberater, Risikoprüfer und Supportleute der Schweizer Banken, die das alte Steuerumgehungsgeschäft mit dem Ausland in die Praxis umgesetzt haben. Die «Nötzlis», die mit amerikanischen Kunden Kontakt hatten, zahlen nun einen hohen Preis für ihren Einsatz im Feld. Sie sollen von ihren Arbeitgebern nach Washington ausgeliefert werden. Nicht physisch zwar, aber mit Namen und Handlungen, festgehalten in E-Mails und auf Protokollen - den üblichen Spuren, die man im Arbeitsleben hinterlässt.

Der Vorgang ist der zentrale Teil des neuen Bundesgesetzes, mit dem der Bundesrat den Finanzplatz aus der US-Umklammerung zu befreien versucht. Für die USA sind die Daten der Banken Gold wert. Mit Hilfe der Namen und den «Taten» der Bankangestellten und ihren Zudienern in den Treuhandbüros und Anwaltskanzleien kann Amerika Jagd später machen auf alle US-Bürger mit Schwarzgeld auf Schweizer Konten, die sich noch nicht selbst angezeigt haben.

Kapitulation führt zu schwarzen Listen

Für die Betroffenen in der Schweiz ist die Kapitulation – anders kann man das Gesetz der Regierung nicht bezeichnen, da nur die USA Rechte erhalten, Bern hingegen fast alles hergibt – ein Albtraum. Herr und Frau Durchschnittsbanker, die Teil des alten Glaubens an ein unerschütterliches Bankgeheimnis gewesen waren, müssen damit rechnen, auf schwarzen Listen zu landen, verhört und schlimmstenfalls angeklagt zu werden.

Es sind diese kleinen Fische, welche nun die Zeche für eine Strategie zu zahlen haben, die in den Chefetagen der Bankhäuser ausgeheckt worden war. Die Spitzenmanager von CS & Co. zogen ein Modell auf, das ausländisches Schwarzgeld in die Schweiz zog und Appetit auf immer mehr Vermögen aus dem Ausland weckte. Trunken vor Aussicht auf noch mehr Gewinne und Boni verletzten viele Banken US-Gesetze, als sie Neukunden auf amerikanischem Boden anwarben.

Wer als Nötzli-Banker solche klaren Grenzen überschritt, der muss nun dafür geradestehen. Daran ist nichts falsch. Hingegen leuchtet nicht ein, warum Tausende von internen Büro-«Tätern» in den Banken, bei externen Vermögensverwaltern oder in Anwaltsbüros Uncle Sam ausgeliefert werden sollen. Sie haben ausgeführt, was von oben befohlen wurde. Ob dieser Befehl konkret oder schwammig war, spielt keine Rolle. Jeder im Geschäft wusste, worum es ging.

Schönfärberischer Schutz

Der Bundesrat und die Banken betonen, dass sie mit ihrem Sondergesetz besonderen Wert legen auf den Schutz der Mitarbeiter. «Auch der Bund verpflichtet sich, dass die Mitarbeiter geschützt sind», sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf dazu am Mittwoch bei der Präsentation des Gesetzes. Bei diesem handelt es sich nicht um einen Deal mit den USA, sondern es macht der Supermacht den Weg frei, unilateral ein Programm gegen die Banken durchzusetzen.

Die schönen Worte der Bundesrätin kontrastieren mit der Realität. Tausende von Namen von Mitarbeitern werden in Bälde in Übersee landen. Die Gerichtspraxis der jüngsten Vergangenheit lässt zudem vermuten, dass Einsprachen der Betroffenen erfolglos sein werden.

Ist Angestelltenverband naiv?

Überraschend ist, dass sich der Bankpersonalverband zufrieden zeigt. Die Informationspflicht der Mitarbeiter sei ein grosser Fortschritt gegenüber früheren Datenlieferungen. Damals erfuhren die Angestellten erst im Nachhinein, dass ihre Daten offengelegt worden waren. Glücklich zeigt sich der Personalverband auch über die 2,5 Millionen, die von den Banken für Härtefälle bereitgestellt werden, falls sich jemand mit Anwälten zur Wehr setzen muss.

Angesichts des Risikos der vielen kleinen Mitarbeiter wirken die Aussagen naiv. Klartext spricht einzig der Verband der unabhängigen Vermögensverwalter. «Endlich Frieden oder schon wieder ein Deal auf dem Buckel der Kleinen»?, fragte die Lobbyvereinigung nach Bekanntwerden des Plans des Bundesrats. Die grossen Profiteure des aufgegleisten Vorgehens seien die obersten Chargen. «Einmal mehr haben es die Chefetagen in den schweizerischen Banken geschafft, dass fur sie selbst das beste Verhandlungsergebnis rauskommt», hält der Verband deutsch und deutlich fest.

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