1-Prozent-AuslastungDie grösste Mall der Welt ist ein Geisterhaus
Die «South China Mall» in Dongguan sprengte bei ihrer Eröffnung sämtliche Superlative. Geblieben ist dem Mega-Einkaufszentrum einzig ein trauriger Rekord: Seit sieben Jahren 99 Prozent Leerstand.
Bei ihrer Eröffnung 2005 war sie mehr als doppelt so gross als die bisherige Rekordhalterin, die berühmte «Mall of America» in Minnesota. Die «South China Mall» in Dongguan mit einer Gesamtfläche von 892'000 Quadratmetern ist auch knapp neun Mal so gross wie «Sihlcity» in Zürich. Nicht einmal die gewaltige «Dubai Mall» kann ihr punkto Ladenfläche das Wasser reichen. Im staunenden Ausland wurde sie schnell in «The Great Mall of China» umbenannt, in Anlehnung an Chinas berühmteste Sehenswürdigkeit.
Die treibende Kraft hinter dem Megaprojekt war Lokalheld Hu Guirong, der sich mit Fertigsuppen einen Milliardenvermögen erarbeitet hat. Neben hunderten Läden sollte ein Vergnügungspark mit Achterbahn und IMAX-Kino die Scharen aus den umliegenden Bevölkerungszentren Guangzhou, Shenzhen und Hongkong anlocken. Das Gelände ist in sieben Zonen gegliedert, die berühmten Stätten im Ausland nachempfunden sind, darunter aus Paris, Venedig und Kairo. Triumphbogen, Gondelromantik und Sphinx befinden sich in Gehdistanz.
Nicht verlassen, sondern eine Totgeburt
70'000 Besucher sollten täglich kommen. Sie kamen nicht, wobei Anlaufschwierigkeiten bei Einkaufszentren dieser Grössenskala normal sind. Leider dauert die Flaute im Fall der South China Mall seit nunmehr sieben Jahren an. 99 Prozent der Ladenfläche stehen seit Beginn leer. Die Stockwerke sind gespenstisch verlassen, viele Rolltreppen eingemottet. Der Verfall hat längstens begonnen, überall bröckeln Wände und rosten Leitungen. Einzig der Vergnügungspark und die westlichen Fastfood-Restaurants am Eingang scheinen zu funktionieren. Ansonsten ist die Mall eine Totgeburt.
Ein Denkmal für den Milliardär und die aufstrebende Supermacht China hätte es werden sollen. Heute steht die South China Mall für beispiellose Fehlplanung: Obwohl sie mitten in einer der bevölkerungsreichsten Regionen der Welt steht, ist sie äusserst schwer zugänglich. Sie liegt weder an einer Autobahn, noch ist sie zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. «Vom Zentrum Dongguans wäre ich schneller in Hongkong gewesen», schreibt US-Reisejournalist Wade Shepard, der die Ruine kürzlich unter Strapazen besucht hat.
Angst vor Gesichtsverlust hält das Projekt am Leben
Das kolossale Scheitern inspirierte den Filmemacher Sam Green zu seiner Dokumentation «Utopia Part 3» (siehe Video unten), die am Sundance Film Festival 2009 gezeigt wurde. Darin sagte ein Manager der South China Mall eine rosige Zukunft voraus: «Momentan befindet sie sich auf der Startpiste, in ein oder zwei Jahren wird sie hoch fliegen.» Dazu wird es wohl nicht kommen. Dass die Investoren trotzdem weitermachen, beurteilt Wade Shepard als typischen Fall von «too big to fail»: Der Gesichtsverlust, das endgültige Scheitern einzugestehen, wäre einfach zu gross.
Dokumentation «Utopia Part 3»:
(Video: Youtube/santaclausy987)