«Viele Hotels werden jetzt günstigere Preise bieten»

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Knebelverträge verboten«Viele Hotels werden jetzt günstigere Preise bieten»

Der Nationalrat hat heute die Motion zum Verbot von Knebelverträgen angenommen. Hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig ist erleichtert.

von
rkn
Andreas Züllig, Präsident Hotelleriesuisse, ist froh, dass sich der Nationalrat entschieden hat, die Motion gegen sogenannte Knebelverträge anzunehmen.
CVP-Ständerat Pirmin Bischof hat im Frühjahr 2017 die Motion eingereicht, wonach Online-Buchungsplattformen wie Booking.com Schweizer Hoteliers keine Mindestpreise mehr vorschreiben dürfen.
Booking.com hat von Partnern verlangt, dass sie auf ihren Websites keine niedrigeren Preise anbieten als im Online-Reisebüro des US-Anbieters.
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Andreas Züllig, Präsident Hotelleriesuisse, ist froh, dass sich der Nationalrat entschieden hat, die Motion gegen sogenannte Knebelverträge anzunehmen.

Keystone/Manuel Lopez

Herr Züllig, Sie waren in Bern zugegen, als der Entscheid fiel. Wie reagierten Sie darauf?

Züllig: Wir sind natürlich sehr erleichtert. Jetzt haben wir vier grosse Hürden überwunden, das ist nicht zu unterschätzen. Im Verlauf der Debatte gab es auch durchaus etwas Zweifel. Ich dachte schon, der eine oder andere könnte noch kippen und es könnte knapp werden. Aber am Schluss war es eine klare Entscheidung.

Können sich Gäste nun freuen, dass Hotelübernachtungen günstiger werden?

Ich gehe davon aus, dass viele Schweizer Hotels tiefere Preise auf der eigenen Website bieten werden, wenn die Motion umgesetzt ist. Natürlich kann ich da aber nicht für alle meine Kollegen sprechen. Gäste haben sicher einen Vorteil, wenn sie direkt beim Hotel buchen. Bisher war es Schweizer Hotels aufgrund ihrer Verträge mit Buchungsplattformen wie Booking.com untersagt, auf Ihren Websites niedrigere Preise zu bieten. Gäste konnten jedoch direkt mit den Hoteliers verhandeln.

Wird es dank der Einschränkungen für Anbieter wie Booking.com nun weniger Buchungen bei derartigen Plattformen geben?

Im Gegenteil. Es wird generell mehr Online-Buchungen geben, sowohl bei Hotels als auch auf Plattformen von Drittanbietern. Nach Schätzungen des Instituts für Tourismus der Hochschule Westschweiz werden in zwei bis drei Jahren über 50 Prozent der Buchungen online stattfinden. Noch sind es etwa 30 Prozent. Jeder Zweite unter 30 Jahren bucht heute schon online. Buchungsplattformen erschliessen uns Märkte, an die wir sonst gar nicht kommen würden. Vor allem für kleine Betriebe ist das eine riesige Chance. Unfair ist es aber, wenn Plattformanbieter diesen Betrieben die Preisgestaltung und die Handlungsfreiheit einschränken.

Wie viel kosten Knebelverträge die Schweizer Hotellerie?

Die Schweizer Hotellerie bezahlt Kommissionen von schätzungsweise 150 Millionen Franken pro Jahr an Buchungsplattformen. Rund 75 Prozent davon gehen an Booking.com, ein Unternehmen, das in der Schweiz keine Mehrwertsteuer bezahlt.

Könnten Plattformen drohen, Hotels nicht mehr zu listen, wenn sie bessere Angebote auf den eigenen Websites bieten?

Es ist unwahrscheinlich, dass Plattformanbieter die Schweizer Hotellerie auf diese Weise verärgern wollen. Damit würden sie sich selber bestrafen. Gerade die attraktiven Hotels könnten sich dann von diesen Plattformen zurückziehen, da sie sich das leisten können. Die Druckmittel bei kleineren Hotels sind allerdings bedeutender. Wenn sie nicht auf solchen Plattformen vertreten wären, würde das ihre Existenz bedrohen. Solche Beispiele sind uns heute schon bekannt. Manche Hoteliers wurden von Booking.com oder Expedia schon abgemahnt oder im Ranking herabgestuft. In solchen Fällen sind allerdings nicht Gesetze, sondern die unternehmerischen Entscheide der einzelnen Hoteliers ausschlaggebend.

In Nachbarländern der Schweiz sind Knebelverträge längst verboten. Warum dauerte es in der Schweiz länger?

Wir versuchten zuerst, über die Wettbewerbskommission gegen Knebelverträge vorzugehen. Diese fällte allerdings einen für uns unbefriedigenden Halbentscheid, der es den Plattformen weiterhin ermöglichte, die niedrigsten Preise zu diktieren. Erst darauf gingen wir den politischen Weg, der beschwerlicher, aber notwendig war.

Wie bedeutend ist der Standort Schweiz für Buchungsplattformen?

In kaum einem Land haben solche Plattformen so grosse Margen wie in der Schweiz. Der Aufwand für deren Anbieter ist überall praktisch gleich gross, aber die Preise sind bei uns besonders hoch. Darum ist die Schweiz für Unternehmen wie Booking.com ein sehr interessanter Markt.

Gäste können schon heute bessere Hotelpreise erhalten

Knebelverträge verbieten den Hotelliers zwar, niedrigere Preise auf der Website zu bieten. Allerdings heisst das nicht, dass Hotels auch effektiv soviel von ihren Gästen verlangen müssen. Bereits heute können Sie sich mit den Hotelliers in Verbindung setzen und verhandeln. Manche bieten etwa niedrigere Preise oder zusätzliche Dienstleistungen. Laut Züllig muss das aber über Telefon oder Email geschehen, statt über den Webshop des Hotels.

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