Schweizer wollen mit Wohnungen Geld scheffeln

Publiziert

Betongold statt AktienSchweizer wollen mit Wohnungen Geld scheffeln

Aktien sind riskant, das Sparkonto wirft nichts mehr ab: Darum kaufen viele Schweizer Wohnungen, um sie dann weiterzuvermieten.

von
vb

Die Schweizer entwickeln sich zu einem Volk der Vermieter. In neueren Wohnüberbauungen mit Eigentumswohnungen wird mittlerweile ein guter Teil der Einheiten an Dritte vermietet. Das berichtet die «Handelszeitung».

Haupttreiber des Trends ist der Anlagenotstand: Aktien sind für viele Anleger ein zu grosses Risiko. Wegen der tiefen Zinsen werfen auch Obligationen nicht mehr viel ab. Und das Geld auf dem Sparkonto zu lassen, rentiert erst recht nicht mehr: Die Zinsen sind nahe null, und viele Anleger befürchten, dass ihre Konti bald mit Negativzinsen belastet werden.

Das bringt die Schweizer dazu, sich nach neuen Investitionsmöglichkeiten umzusehen. Eine davon ist das sogenannte Betongold. «Es sind meist Privatpersonen, die heute nicht mehr in Aktien investieren, sondern mit einem Wohnungskauf Erträge generieren wollen», sagt die Zürcher Immobilienverwalterin Monika Schaffer. Immobilienexperte Thomas Moser von Walde & Partner Immobilien bestätigt: «Der Trend hat in den letzten eineinhalb Jahren eindeutig zugenommen.»

20 Prozent sind fremdvermietet

Das Phänomen heisst «Buy to let» («Kaufen, um zu vermieten»). Diverse Verwalter von Stockwerkeigentümergemeinschaften aus der ganzen Schweiz berichten, dass gesamtschweizerisch mittlerweile im Schnitt rund 20 Prozent der Eigentumswohnungen nicht selbst bewohnt, sondern fremdvermietet werden. Bei der Grossbank UBS haben sich die «Buy to let»-Kreditanträge seit 2008 praktisch verdoppelt – auf aktuell 17,7 Prozent.

Tatsächlich wird die Differenz zwischen der Rendite einer Bundesobligation und einer vermieteten Eigentumswohnung im Zeitalter negativer Zinsen immer grösser. Die Ökonomen der UBS haben ein Beispiel berechnet: Wer im Jahr 2002 eine durchschnittliche Schweizer Eigentumswohnung gekauft und sie während der ganzen Zeit weitervermietet hat, erwirtschaftete mehr als 6 Prozent die Jahresrendite – unter der Annahme, dass die Wohnung inzwischen verkauft wurde.

Hohe Risiken

Dennoch birgt ein Wohnungskauf als Investition auch Risiken. «Man muss sich im Klaren sein, dass die Preise heute hoch sind. Das Risiko, dass sie in den nächsten Jahren fallen könnten, ist grösser geworden», sagt Ansgar Gmür, Direktor des Hauseigentümerverbands, zur «Handelszeitung». Wichtig sei vor allem ein langer Zeithorizont. Ausserdem müsse sich ein Käufer überlegen, ob er die Wohnung als reine Kapitalanlage sehe oder sie dereinst als Altersresidenz oder für die eigenen Kinder nutzen wolle. «Ohne klare Zielsetzung rechnet es sich meist nicht.»

Nicht zu unterschätzen ist ausserdem der Aufwand, der die Rolle als «Feierabendvermieter» mit sich bringt: Mietvertrag, Nebenkostenabrechnung, Reparaturen – all das muss der Vermieter selbst regeln. Ausserdem fallen bei einem Leerstand die Erträge weg.

Deine Meinung zählt