Den Shopping-Centern stehen harte Jahre bevor

Aktualisiert

«Nicht alle überleben»Den Shopping-Centern stehen harte Jahre bevor

Die Schweiz zählt 170 Shopping-Center. Die Umsätze gehen fast überall stark zurück. Trotzdem kommen bald zehn neue Einkaufsparadiese hinzu – weitere zwanzig sind geplant.

Sandro Spaeth
von
Sandro Spaeth
Derzeit gibt es in der Schweiz 168 Shopping-Center mit über 5000 m² Fläche. Bald könnten weitere hinzukommen.

Derzeit gibt es in der Schweiz 168 Shopping-Center mit über 5000 m² Fläche. Bald könnten weitere hinzukommen.

Sie heissen Sihlcity, Seedam-Center oder Stücki und gehören zu den bekanntesten Einkaufstempeln der Schweiz. Allesamt hatten sie im letzten Jahr mit Umsatzeinbussen von 8 bis 10 Millionen Franken zu kämpfen. Schuld war der starke Franken, der die Kunden ins Ausland trieb und die Detailhändler zu Preissenkungen zwang. Beim grössten Einkaufsparadies der Schweiz (nach Umsatz), dem Glattzentrum, ging der Umsatz sogar um 35 Millionen Franken oder 5,2 Prozent zurück.

Übers Ganze gesehen verloren die Shopping-Center laut den Marktforschern von GfK insgesamt 1,9 Prozent an Umsatz – obwohl sich die Verkaufsflächen 2011 um 83 000 Quadratmeter vergrössert hatten. Im vergangenen Jahr hatten fünf neue Einkaufsparadiese eröffnet, darunter das Centro Ovale in Chiasso oder das Einkaufszentrum Rosenberg in Winterthur.

Umnutzen oder abreissen?

Trotz dieser wenig erfreulichen Zahlen des Shopping-Center-Markts geht die Expansion mächtig weiter. In den nächsten drei Jahren dürften weitere zehn Shopping-Center dazukommen. Bereits im Bau sind Malls in Nyon, Montey und Martigny. Weitere 19 Center sind in der Planungsphase, darunter die gigantische Mall of Switzerland (70 000 m², davon über 40 000 m² Detailhandel) in Ebikon bei Luzern. Bei zahlreichen Shoppingtempeln stehen zudem Modernisierungen an, denn die grosse Masse der Einkaufswelten wurde in den Siebzigerjahren gebaut.

Shoppingcenter im Überfluss? «Es hat bereits ausreichend Shopping-Center in der Schweiz», sagt GfK-Detailhandelsexperte Thomas Hochreutener. Viel mehr Einkaufstempel als die heutige Zahl wird die Schweiz laut Hochreutener nicht vertragen, zumal es noch andere Läden und einen immer stärker werdenden Online-Handel gibt: «Der Wettbewerb wird härter. Nicht alle Shopping-Center werden überleben», so die Experten-Prognose. Mittelmässige und nicht positionierte Einkaufscenter dürften umgenutzt oder abgerissen werden.

Hohe Kaufkraft und Produktivität

Trotz getrübter Aussichten ist der Shopping-Center-Markt Schweiz für ausländische Investoren interessant. So drängt beispielsweise die spanische Inditex-Gruppe mit den Labels Zara, Massimo Dutti oder Bershka immer stärker auf den Schweizer Markt. Man schielt auf die hohe Kaufkraft von Herrn und Frau Schweizer sowie die interessante Quadratmeter-Produktivität. Diese Zahl gibt darüber Auskunft, wie gut ein Einkaufstempel läuft. Spitzenreiter ist mit 14 613 Franken Umsatz pro Quadratmeter das Glattzentrum, gefolgt vom wenig glamourösen Neumarkt im zürcherischen Altstetten (14 000 Franken pro m²).

«Diese im internationalen Vergleich enorm hohe Produktivität ist auf die grossen Lebensmittel-Händler als Hauptmieter zurückzuführen», erklärt Hochreutener. Zum Vergleich: Die Schickeria-Einkaufstempel Sihlcity oder Westside – die vor allem mit teuren Modelabels punkten – haben nur einen Quadratmeterumsatz von 7820 bzw. 7346 Franken.

Schwierige Suche nach Hauptmietern

Wichtigstes Erfolgsmerkmal für ein Shopping-Center ist laut Marcel Stoffel vom Dachverband der Schweizer Shoppingcenter-Branche (SCSC) die Lage. «Sie ist gegeben und kann anders als der Ladenmix oder die Kommunikationsstrategie nicht verändert werden.» Ein wichtiger Faktor sei zudem ein eigenständiges Konzept, das sich klar von der nahegelegenen Konkurrenz unterscheide.

Mehrere der geplanten Einkaufscenter-Projekte haben laut Stoffel Mühe, Hauptmieter zu finden. Dieses Misstrauen auf Seiten der Detailhändler darf als Indiz dafür gewertet werden, dass der Shopping-Center-Boom an seine Grenzen stösst. «Ohne diese sogenannten Anker-Mieter sind die Projekte meist tot», sagt Hochreutener. Hauptmieter wie Grossverteiler oder Elektronik-Giganten sorgen nämlich für entsprechende Kundenfrequenzen.

Die Giganten im Schweizer Shopping-Center-Markt

Umsätze in Millionen Franken (Quelle GfK)

Das Tessin leidet

Besonders stark unter der Währungssituation litten die Einkaufscenter im Tessin, wie aus der Studie Shopping-Center-Markt Schweiz 2012 hervorgeht. Der Marken-Schnäppchen-Tempel Fox Town in Mendrisio verlor 7 Prozent am Umatz, das Centro Lugano Sud 10 Prozent. Um ganze 12 Prozent ging der Absatz im Serfontana Einkaufcenter in Morbio Inferiore zurück.

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