Schweinisch viele Milliarden

Aktualisiert

Pandemie sei DankSchweinisch viele Milliarden

Für Novartis läuft das Geschäft mit der Schweinegrippe optimal: Wegen der allgemeinen Pandemie-Panik sind die Auftragsbücher übervoll. Die Kassen klingeln: Die Staaten übernehmen die «Werbekosten» und Novartis macht den Reibach – mit einer Marge von bis zu 50 Prozent.

Cyprian Zajac
von
Cyprian Zajac

Beim Schweizer Pharmagiganten Novartis türmen sich die Bestellungen. Bisher orderten Regierungen aus aller Welt insgesamt über 200 Millionen Ampullen des Impfstoffes gegen die Schweinegrippe. 30 – 40 Millionen Dosen des H1N1—Impfstoffs gehen in die USA. Bei einem Preis zwischen 5 und 20 Dollar pro Impfstoff würde der Pharmakonzern bis zu 2 Milliarden Dollar umsetzten können. ZKB-Analyst Michael Nawrath hält einen solchen Umsatz aber für sehr unwahrscheinlich: «Es fehlen wie bei jedem Impfstoffhersteller die Kapazitäten. Novartis ist lediglich in der Lage zwischen 90 und 120 Millionen Einheiten zu produzieren». Rechne man nun mit einem realistischen Durchschnittspreis von 10 Dollar und 100 Millionen produzierten Einheiten, resultiere ein Umsatz von einer Milliarde Dollar. «Zugegeben, das ist eher konservativ gerechnet», sagt Nawrath. Wie Novartis bereits verkündet hat, werden sich die Schweinegrippe-Umsätze in den Bilanzen des vierten Quartals 2009 und des ersten Quartals 2010 niederschlagen. Nawrath schätzt, dass dieses Jahr etwa 600+ Millionen und nächstes Jahr rund 400+ Millionen Dollar verbucht werden.

Der Basler Pharmakonzern produziert zwei Impfstoffe gegen den H1N1-Virus. Der eine heisst Focetria und wird aus Hühnereiern gewonnen. Diesen Impfstoff hat Swissmedic heute für die Schweiz zugelassen. Die EU und die USA haben das Novartis-Präparat bereits zugelassen. Der andere Impfstoff, Celtura, wird aus Zellkulturen gewonnen und ist in der Produktion günstiger, hierzulande aber noch nicht zugelassen «Es hat lange gedauert die Zulassung für Zelllinien, zur Herstellung von Medikamenten oder Impfstoffen, erteilt zubekommen», erklärt Nawrath.

Mögliche Stornierungen unproblematisch

Viele Länder, etwa die Schweiz, haben in der Aufregung um die Schweinegrippe bereits die doppelte Menge an Impfstoff bestellt, weil anfänglich mit zwei Impfungen pro Patient gerechnet worden war. Möglich ist daher auch die Stornierung von Bestellungen. Laut Nawrath ist dies für den Pharmahersteller aber kein Problem: «Novartis hat mehr als genug Orders. Zudem laufen noch Verhandlungen mit anderen Ländern», so der Analyst.

Attraktive Margen

«Das Geschäft mit Impfstoffen hat Margen von bis zu 50 Prozent», sagt Nawrath. Die Pandemie spielt dem Pharmagiganten in die Hände, denn für den Produzenten fallen weder Marketing- noch Verkaufskosten an. «Für dieses Jahr rechne ich wegen den Kosten für Forschung und Entwicklung mit einer Marge von etwa 30 Prozent», erklärt Nawrath. Novartis hat etwa eine halbe Milliarde in Infrastruktur investiert. Die Produktionsstätte in Liverpool wurde ausgebaut und eine neue Fabrik in den Staaten ist ebenfalls dazugekommen.

Der Verkauf des Impfstoffes wird laut Nawrath den Gewinn pro Aktie um 5 bis 10 Prozent erhöhen. Das sei bemerkenswert.

Das Schweinegrippe-Virus (Typ H1N1)

Wissenschaftler klassifizieren Grippe-Viren nach ihren Oberflächenproteinen. H steht dabei für Hämaggluttinin, N für Neuraminidase. Es gibt 16 verschiedene H-Typen und neun verschiedene N-Typen, wobei die Nummern nichts über die Schwere der Krankheit aussagen. Die jetzt in Mexiko ausgebrochene Schweinegrippe hat den Virenstamm H1N1, die Vogelgrippe den Typ H5N1.

Der grösste Teil einer Virusoberfläche ist mit dem Eiweiss Hämagglutinin bedeckt. Das Protein ermöglicht Viren das Ankoppeln an die Zelle, in der schliesslich neue Grippeviren entstehen. Neuraminidasen sind Enzyme, die sich auf der Oberfläche von Influenzaviren befinden. Sie ermöglichen das Eindringen von Krankheitserregern in körpereigene Zellen. Diese viralen Enzyme schleusen dann auch von infizierten Zellen neu produzierte Viren aus der Zelle.

(Quelle: AP)

Deine Meinung zählt