Ekel-Poulet bei Schweizer Grossisten

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PfuiEkel-Poulet bei Schweizer Grossisten

Das schlägt auf den Magen. Tests zeigen: Geflügel von Schweizer Grossverteilern enthalten gefährliche Bakterien. Der Konsumentenschutz ist alarmiert.

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jbu/sza
Schweizer Konsumentenschutz-Organisationen haben bei umfangreichen Tests in 19 von 40 Poulet- und Truthahn-Produkten antibiotikaresistente Bakterien nachgewiesen.

Schweizer Konsumentenschutz-Organisationen haben bei umfangreichen Tests in 19 von 40 Poulet- und Truthahn-Produkten antibiotikaresistente Bakterien nachgewiesen.

Pfui! Da vergeht einem der Appetit gründlich: Schweizer Konsumentenschutz-Organisationen haben bei umfangreichen Tests in 19 von 40 Poulet- und Truthahn-Produkten antibiotikaresistente Bakterien nachgewiesen. Betroffen sind Produkte aller Grossverteiler: Sowohl bei Migros und Coop als auch bei Manor, Globus, Aldi und Lidl lag Fleisch mit resistenten Keimen in den Regalen. Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz, ist alarmiert: «So viele verseuchte Produkte hätte ich nicht erwartet. Diese Resultate sind erschreckend.»

Die Konsumentenschützerin fordert vom Bundesamt für Veterinärwesen eine ganze Liste von Massnahmen, um das Problem in den Griff zu bekommen. «Im Vordergrund steht die Transparenz: Wo werden Antibiotika eingesetzt, wie viel wird verabreicht und woher kommen die resistenten Bakterien?», so Stalder. Ein grosses Problem sei, dass heute in der Regel auch gesunde Tiere mit Antibiotika behandelt würden – dies sei allerdings nirgends ersichtlich. Denn statistisch erfasst werden nur die Gesamtmengen an Antibiotika, die in der Schweiz eingesetzt werden.

«Eine grosse Gefahr für die Gesundheit»

Zwei Bakterien, die bei den Tests gefunden wurden, geben der Medizin besonders Anlass zur Sorge: Zum einen sind das sogenannte ESBL-Bakterien, die bei 42 Prozent der Produkte gefunden wurden, zum anderen MRSA-Bakterien, die bei 7,5 Prozent der Proben festgestellt wurden. Sie können zu Resistenzen führen, die im Falle einer Krankheit die Behandlung mit Antibiotika erschweren oder gar verunmöglichen.

Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist man nicht sonderlich erstaunt über die Ergebnisse: Die gefundenen Analyseresultate seien nicht überraschend und entsprechen den Erwartungen. Für die Konsumentinnen und Konsumenten bestehe keine Gesundheitsgefährdung, da Poulet durchgebraten werden müsse, damit diese Mikroorganismen inaktiviert würden, heisst es auf Anfrage von 20 Minuten. Der Bundesrat nehme das Problem der Antibiotikaresistenz aber ernst. Erst im Juli sei ein nationales Programm lanciert worden, mit dem der Problematik begegnet werden soll.

In Europa sterben nach Schätzungen der EU jährlich rund 25'000 Menschen durch eine Infektion mit resistenten Bakterien. Und auch in der Schweiz steige die Zahl solcher Infektionen an, warnt die Stiftung für Konsumentenschutz. Stalder spricht von einer «grossen Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung», die es zu bekämpfen gelte. Bei der Mehrheit der betroffenen Produkte, die von den Konsumentenschutz-Organisationen das Prädikat «ungenügend» erhielten, handelt es sich um Importgeflügel. Das ist nicht unerheblich, denn die Schweiz importiert rund 50 Prozent des Geflügelfleisches.

Prädikat «ungenügend»

Bei Coop schneiden Produkte aus dem Sortiment «Qualité & Prix» besonders schlecht ab: Beispielsweise das Pouletbrust-Schnitzel aus Brasilien und der Truthahn aus Deutschland. Aber auch Geflügel aus heimischer Produktion ist verseucht: So die Mini-Poulet-Brust aus der Schweiz.

«Rohes Fleisch ist kein Sterilprodukt, sodass mit dem Vorkommen von Keimen gerechnet werden muss», kommentierte Coop-Sprecherin Denise Stadler die Testergebnisse und betont: «Bei Einhaltung der Küchenhygiene und der korrekten Erhitzung besteht keinerlei Risiko für die Konsumenten.» Deshalb bleiben die untersuchten Produkte in den Regalen, «sie entsprechen den gesetzlichen Anforderungen und sind verkehrsfähig», so Stadler.

Das Prädikat «ungenügend» erhalten bei der Migros folgende Produkte: Optigal Poulet Ailerons, Optigal Pouletschenkel und Le Fournier Poulet IP-Suisse. Dabei handelt es sich um in der Schweiz hergestellte Produkte. Ebenso enthalten zwei Importprodukte die gefährlichen Bakterien: M Budget – Poulet aus Brasilien und M Classic Trutenschnitzel aus Deutschland.

Wie Coop verweist die Migros ebenfalls auf die Küchenhygiene und die richtige Zubereitung des Fleisches, «damit entfällt auch die Möglichkeit der Resistenzübertragung», sagt Migros-Sprecherin Christine Gaillet. Weiter wolle man grundsätzlich die Produktion von Geflügel verbessern, um den Antibiotikaeinsatz zu senken und «somit auch die Gefahren von antibiotikaresistenten Keimen in den Produkten zu verringern», so Gaillet. Auch bei der Migros bleiben die entsprechenden Produkte in den Regalen.

Auch deutsche Grossisten betroffen

Bei den deutschen Mitbewerbern sieht es nicht viel besser aus: Bei Aldi sind deren sechs Geflügelprodukte mit Bakterien verseucht. Dazu gehören die Produkte Geka, Pollo Fresco und BBQ. Bei Lidl erhalten zwei Produkte das Prädikat «ungenügend»: Landjunker und Baroni.

«Bei unseren internen Untersuchungen, werden unsere Geflügelprodukte mehrmals pro Jahr von einem akkreditierten Prüfinstitut auf chemische und mikrobiologische Parameter qualitativ und quantitativ überprüft», sagt Aldi-Sprecher Philippe Vetterli. Bei diesen internen Kontrollen seien keine gesetzlichen Überschreitungen festgestellt worden. Man nehme aber die Untersuchungsergebnisse zum Anlass, die Prozesse erneut zu überprüfen, um den Antibiotikaeinsatz weiter zu minimieren.

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