User zur Paradeplatz-Demo«Müssen die nicht arbeiten?»
Die Demonstranten haben den Paradeplatz verlassen. Haben sie ihr Ziele erreicht? Die 20-Minuten-Online-Leser sind skeptisch. Sie sehen in erster Linie «viel Müll» und wenig Hoffnung auf Veränderung.
Von einem «Kindergarten», einem «Schildbürgerstreich», einem «Spuk» oder einem «Affenzirkus» ist die Rede in den Foren von 20 Minuten Online zur Besetzung des Paradeplatzes. Viele der Leserinnen und Leser unterstützen zwar den Protest gegen die Banken und «Abzocker», doch sie glauben nicht daran, dass sich deswegen etwas am System verändern wird.
Trittbrettfahrer-Aktion
Auffallend viele Kommentatoren vermissen eine klare Botschaft hinter der Bewegung. Silvan Schenk beispielsweise schreibt, die Bewegung habe «kein Konzept, keinen Grund, kein Ziel». User Thrylos kritisiert, es handle sich «einmal mehr um eine Aktion ohne echten Plan dahinter, eher eine Trittbrettfahrer-Aktion». Und Man8 glaubt, es gehe den Demonstranten nur darum, den «Amis nachzuplappern».
Die Demonstrierenden seien die falsche Gruppe, um etwas zu erreichen, lautet der Grundtenor. Sie bestünden hauptsächlich aus «krassen Linkswählern» und «Überlebenskünstlern», schreibt Marcel Schweizer. Es brauche aber «durchschnittliche Bürger, die an solchen Protesten mitmachen», damit sie wirksam würden. SwissHomer steht der Aktion zwar grundsätzlich positiv gegenüber, «doch die Zürcher Aktion kann ich leider noch nicht ernst nehmen, da sie für mich wie ein unorganisierter linker Anlass wirkt». Er hofft, dass auch in Zürich – wie in den USA – der Mittelstand anfange zu demonstrieren. Denn erst «wenn der Mittelstand, unabhängig von Partei- oder Politikzugehörigkeit dazukommt, wird es auch bei uns etwas». Auch Noro 73 glaubt nicht an die Bewegung: «Schade, aber gegen die Weltwirtschaft kommen Demonstranten leider nicht an». Und F.G. meint lakonisch: «Wirtschaftskriege gewinnt man nicht mit friedlichen Streiks. Die Bankenmanager lachen sich doch krumm darüber.»
«Es ist wie mit der Mode»
Trotz zahlemässiger Unterlegenheit in den Kommentarforen zeigen sich aber die Befürworter der «Occupy»-Bewegung in der Schweiz optimistisch: «Dies war erst der Anfang!», glaubt einer. Und «Geissenpeter» schwärmt bereits von der Revolution: «Ein paar wenige, welche die ganze Welt in ein Chaos stürzen. Egoismus, Geldgier ist das, was diese Leute antreibt.» Für Said ist indes auch eine klare Botschaft vorhanden: «Man will auf der ganzen Welt den Banken den Kampf ansagen und dagegen protestieren.» Leser Gustav macht sich «Hoffnung, dass die Gesellschaft langsam aufwacht.» Es sei wie «mit der Mode», glaubt ein weiterer User: «Am Anfang findet man es nicht so toll, doch dann wird man plötzlich mit der Masse mitgerissen.»
«Und wer entfernt den Abfall?»
Grösser als die Frustration über das Bankensystem scheinen für die Kommentatoren aber andere Probleme zu sein. Hans Meiser meint: «Und übrig bleibt ... ein riesiger Haufen Müll und Schmierereien ...» Das müsse alles der Steuerzahler berappen, sind sich viele User einig. Auch die Tatsache, dass die Demonstranten «nicht schaffen» müssen, ärgert gewisse Leser wie MichaelZH. «Ich hätte ab Montag für solche Aktionen keine Zeit, am Samstag auch nicht», schreibt er.
«Happy mit den Banken»
Und zu guter Letzt sind da auch noch diejenigen, die mit dem jetzigen System einfach zufrieden sind. «Ich will keine Veränderung, ich finde es ok, so wie es ist», schreibt ein User. Auch Leser Markus Giller sagt, er sei «happy mit den Banken. Ich habe ein UBS-Konto mit Zins und ich habe eine UBS-Hypothek zu einem fairen Preis. Wo liegt das Problem? Mir hat die Bank noch nie geschadet.»
Widmer-Schlumpf äussert Verständnis für Protest der Empörten
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat Verständnis gezeigt für die Proteste der Empörten gegen das Finanzsystem. Grund für diese sei die absolute Unverfrorenheit einzelner Banker, sagte die Bundesrätin im «Tagesgespräch» von Schweizer Radio DRS vom Montag.
«Einzelne Banker haben sich absolut masslos verhalten, das wirkt sich auf die ganze Wirtschaft aus», sagte Widmer-Schlumpf. Die Vorgänge bedeuteten eine Zerreissprobe für die Gesellschaft: «Die Ängste reichen bis weit in den Mittelstand. Das muss man sehr ernst nehmen.» (sda)