Präsidentensohn Angolas unter Verdacht

Aktualisiert

Geheime KontenPräsidentensohn Angolas unter Verdacht

Die Schweiz ermittelt wegen Geldwäscherei gegen den Sohn des Präsidenten Angolas. Er sitzt mit einem Ex-Chefbeamten und einem Bundesratssohn in einer Anti-Korruptions-Stiftung.

B. Bruppacher
von
B. Bruppacher
Angolas Präsident Jose Eduardo dos Santos - sein Sohn wird der Geldwäscherei verdächtigt.

Angolas Präsident Jose Eduardo dos Santos - sein Sohn wird der Geldwäscherei verdächtigt.

Die Affäre hat alle Ingredienzien zum Krimi: Präsidentensohn, Geldwäscherei und Schweizer Banken. Die Bundesanwaltschaft (BA) ermittelt bereits seit dem 9. März 2009 gegen Jose Filomeno de Sousa dos Santos, den Sohn des amtierenden Staatspräsidenten von Angola – nur war das bisher nicht bekannt. Aufgrund der Recherchen von 20 Minuten Online hat die Bundesanwaltschaft den Sachverhalt aber bestätigt.

Auslöser des auch politisch heiklen Verfahrens war gemäss den Beschwerdeentscheiden ein Hinweis der Meldestelle für Geldwäscherei des Bundes. Sie machte die Bundesanwaltschaft auf die Konten dreier Gesellschaften mit Sitz in Panama bei einer Zürcher Bank aufmerksam. Beim wirtschaftlichen Berechtigten einer dieser Bankbeziehungen handelt es sich um dos Santos. Für die Bundesanwaltschaft ist vorstellbar, dass die Gelder auf den fraglichen Konten aus Korruptionshandlungen zum Nachteil Angolas stammten.

Bankkonten in unbekannter Höhe gesperrt

Die Bundesanwaltschaft eröffnete deshalb das Geldwäschereiverfahren und ordnete die Sperre der drei Bankkonten in Zürich wie auch eines weiteren Kontos einer zypriotischen Firma auf einer Bank in Lugano an. Zudem wurden Hausdurchsuchungen bei zwei wirtschaftlich Berechtigten an den Konten sowie bei zwei Firmen in Zug und in Lugano durchgeführt. Um welche Summen es bei den beschlagnahmten Konten geht, ist den Urteilen aus Bellinzona nicht zu entnehmen. Die Bundesanwaltschaft und auch der Verteidiger von dos Santos wollten sich nicht dazu äussern.

Belastende Indizien aus Spanien

Die Bundesanwaltschaft erkundigte sich beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) nach der Möglichkeit, Angola um Rechtshilfe zu ersuchen, erhielt aber einen abschlägigen Bescheid. Die BA wandte sich deshalb an Spanien, weil dort Ermittlungen über mutmassliche Schmiergeldzahlungen an Bürger von Angola im Gang sind. Auf dem Rechtshilfeweg teilte Spanien mit, dass verschiedene spanische Firmen Zahlungen an mehrere angolanische Beamte und Politiker leisteten, darunter auch an dos Santos. Und zwar im Zusammenhang mit dem Abschluss von öffentlichen Aufträgen Angolas. Die spanischen Ermittlungsbehörden haben Hinweise, dass Gelder krimineller Herkunft auf die Schweizer Bankkonten geflossen sein könnten.

Dos Santos weist Vorwürfe zurück und rekurriert

Das Bundesstrafgericht lehnte die Beschwerden gegen die Kontensperren ab. Es sei nicht auszuschliessen, dass die Bundesanwaltschaft auf Grund eines weiteren Rechtshilfegesuchs an Spanien wichtige Informationen erhalte, die den Verdacht gegen do Santos erhärteten. Den Urteilen ist auch zu entnehmen, dass dos Santos sich zu einer Einvernahme auf dem Rechtshilfeweg in Angola bereit erklärte, nicht aber in der Schweiz. Er bestreitet den Vorwurf der Geldwäscherei und macht geltend, die fraglichen Gelder stammten aus legalen Aktivitäten. Der Geldfluss über die Konten mehrerer Firmen habe die Steueroptimierung zum Zweck. Der Webseite des Bundesstrafgerichts ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer – neben dos Santos geht es auch um die von den Kontensperren betroffenen Firmen – die Urteile bereits beim Bundesgericht angefochten haben.

Präsidentensohn in Anti-Korruptions-Stiftung

Die Ermittlungen lassen auch deshalb aufhorchen, weil dos Santos Mitglied des Stiftungsrats der Afrikanischen Innovations Stiftung mit Sitz in Zürich ist. Diese Stiftung wurde im November 2009 gegründet. Sie bezweckt gemäss Handelsregister «die Förderung und Unterstützung von Projekten zur nachhaltigen Entwicklung von Ländern auf dem afrikanischen Kontinent». Zu den Zielen gehört es auch, «der Korruption im privaten und öffentlichen Sektor Einhalt zu gebieten». Die Stiftung unterstützt unter anderem die Bemühungen Angolas, eine wirksame Anti-Geldwäscherei-Gesetzgebung zu erlassen und eine Meldestelle einzurichten. Ende Juni hat die Stiftung zusammen mit der angolanischen Zentralbank einen Workshop zur Geldwäschereibekämpfung in Angolas Hauptstadt Luanda organisiert.

Schweizer Persönlichkeiten im Stiftungsrat

Mit dem Entwicklungsexperten und Bundesratssohn Ernst A. Brugger und dem früheren Chef der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Bundes, Walter Fust, sitzen auch zwei bekannte Schweizer Persönlichkeiten im Stiftungsrat. Fust, der kürzlich das Präsidium des Stiftungsrats übernommen hat, zeigte sich auf Anfrage von 20 Minuten Online überrascht über das Verfahren gegen dos Santos. Er habe davon keine Kenntnis gehabt. Es gehe nicht an, einen Zusammenhang zwischen dem Verfahren und der Stiftung zu konstruieren, sagte Fust. Er verwies zudem auf die Unschuldsvermutung und warnte vor Vorverurteilungen.

Parallele zum Fall Holenweger?

Der Verteidiger des Präsidentensohns von Angola wirft der Bundesanwaltschaft vor, gegen elementare Grundsätze des schweizerischen Prozessrechts zu verstossen. Die spanische Justiz habe sich während zwei Jahren mit dem Fall befasst und «nichts, aber auch gar nichts Belastendes» gefunden, erklärte der Tessiner Rechtsanwalt Edy Grignola auf Anfrage von 20 Minuten Online. Gestützt auf den eindeutigen Befund im Urteil eines spanischen Gerichts vom vergangenen 24. Mai hätte die Bundesanwaltschaft das Verfahren umgehend einstellen müssen. Der Verteidiger erwartet nun, dass das Bundesgericht die Bundesanwaltschaft zurückpfeift, und verweist auf den Fall Holenweger und «viele andere Fälle», in denen die Bundesanwaltschaft korrigiert worden sei.

Als künftiger Präsident im Gespräch

Angola gehört zu den grössten Erdölproduzenten Afrikas und ist zugleich eines der ärmsten Länder der Welt. Nach der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Portugal im Jahre 1975 brach ein Bürgerkrieg aus, dem während 27 Jahren etwa eine halbe Million Menschen zum Opfer fielen. Der 69-jährige Staatspräsident Jose Eduardo dos Santos ist seit 32 Jahren im Amt und damit nach Libyens Muammar al-Gaddafi das amtsälteste Staatsoberhaupt Afrikas. Dos Santos baute seine Macht kürzlich durch eine Verfassungsänderung aus. Sein Sohn Jose Filomeno de Sousa dos Santos gilt als aussichtsreicher Nachfolger im Präsidentenamt. Angola ist gemäss dem Ranking von Transparency International eines der korruptesten Länder der Welt. Es ist zudem im Visier der internationalen Arbeitsgruppe FATF gegen die Geldwäscherei. Hier setzten die Bemühungen der Schweizer Stiftung an.

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