Die Financiers des Klimawandels

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EnergiedebakelDie Financiers des Klimawandels

Kohlekraftwerke gelten als wahre «Dreckschleudern». Jetzt deckt eine Studie auf, wie dick UBS und CS in diesem schmutzigen Geschäft mitmischen. Die Banken wehren sich.

von
Sandro Spaeth
Dreckschleuder? Das E.ON-Kohlekraftwerk im deutschen Scholven ist mit einer Gesamtleistung von rund 2200 Megawatt eines der grössten Steinkohlekraftwerke Europas.

Dreckschleuder? Das E.ON-Kohlekraftwerk im deutschen Scholven ist mit einer Gesamtleistung von rund 2200 Megawatt eines der grössten Steinkohlekraftwerke Europas.

Der Abbau von Steinkohle hinterlässt Mondlandschaften, das Verbrennen des Energieträgers Kohle gewaltige Mengen Kohlendioxid. Den Banken aus aller Welt scheinen solche Umweltsünden egal zu sein – sie sind dick drin im Geschäft mit Finanzierungen von Kohle und Bergbautechnologie und helfen den Stromversorgern bei Krediten für neue Kohlekraftwerke. Für die Umweltorganisationen sind die Banken damit die Financiers des Klimawandels.

Die am Mittwoch im südafrikanischen Durban präsentierte Studie «Bankrolling Climate Change» bringt erstmals Licht ins Dunkel um die Finanzdienstleistungen von Banken zu Gunsten der Kohleindustrie. «Unsere Untersuchung zeigt, dass sich die Kohlefinanzierung zwischen 2005 und heute verdoppelt hat, obwohl die katastrophalen Folgen des Klimawandels immer offensichtlicher werden», sagt Heffa Schückling von der deutschen Umweltorganisation «Urgewald», die die Studie gemeinsam mit Partnern in Auftrag gegeben hat.

US-Banken als Hauptfinanzierer

Insgesamt unterstützten Banken die Kohleindustrie zwischen 2005 und 2011 mit Finanzdienstleistungen und Investitionen im Wert von 232 Milliarden Euro. Das ist insofern erstaunlich, als im Frühjahr 2005 das Kyotoprotokoll mit seinen verbindlichen Zielen zum Ausstoss von Treibhausgasen in Kraft trat.

Spitzenreiter in der Kohlefinanzierung ist unter den rund hundert untersuchten Banken die US-Investmentbank JP Morgan Chase. Sie finanzierte Kohlebergbaufirmen mit 16,5 Milliarden Euro. Auf Platz zwei im Ranking der Kohlefinanzierer liegt mit 13,7 Milliarden Euro die amerikanische Citibank. Die Studienautoren untersuchten die Finanzdienstleistungen zu Gunsten der 31 grössten Kohlebergbaufirmen und für 40 Kohlestromproduzenten.

Auch die Schweizer Banken mischen im Geschäft «Finanzieren des Klimawandels» dick mit. Die Credit Suisse (CS) hat laut der Studie in den letzten rund sechs Jahren Finanzierungen von 9,49 Milliarden Euro geleistet und belegt damit den 9. Rang. CS-Sprecher Alex Biscaro bestreitet, dass die CS zu den grossen Finanzierern im Kohlesektor gehört und zieht die in der Studie publizierte Zahl und ihre Aussagekraft in Zweifel. «Tatsache ist, dass die Credit Suisse weltweit führend ist bei der Finanzierung von erneuerbaren Energie», so Biscaro.

«Fragwürdig und irreführend»

Im Ranking unmittelbar hinter der CS folgt die UBS. Sie habe den Energiezweig Kohle mit 8,2 Milliarden Euro mitfinanziert (Rang 10). Auch die Mediensprecher dieser Bank wehren sich gegen den Vorwurf: «Die Machart der Studie ist aus unserer Sicht fragwürdig und irreführend», kritisiert UBS-Sprecher Andreas Kern. Er verteidigt sich: Man nehme potentielle Umweltauswirkungen des Kohlesektors ernst und prüfe jede Finanzierungsanfrage sorgfältig. Im Ranking als dritte Schweizer Bank vertreten ist mit 90,6 Millionen Euro (Rang 81) die Genfer Privatbank Lombard Odier.

Blickt man auf die Top 20 der Rangliste wird klar: Hier sind nahezu sämtliche weltweit tätigen Grossbanken vertreten. Der Grund: Nur sie sind auch in der Lage, Finanzierungen für Grossprojekte, wie sie Kohlekraftwerke darstellen, zu stemmen. Dass JP Morgan Chase die meisten Finanzierungen im Bereich Kohle durchführt, hat folglich auch damit zu tun, dass es sich beim Institut um die «grösste Bank der Welt» handelt.

«Dank der Analyse kommt ans Tageslicht, dass CS und UBS bei den Finanzgeschäften im Bereich Kohlestrom und Kohlebergbau vorne mitmischen. Das muss jedem verantwortungsbewussten Menschen sauer aufstossen», sagt der Klimaaktivist Peter Vogelsanger. Ohne schnellen und kompletten Verzicht auf die Nutzung von Kohle bleibe Klimaschutz eine Worthülse.

Umstrittene Förderart MTR

Dem Schweizer Klimaschützer Vogelsanger ist es zudem ein Dorn im Auge, dass die UBS zu den drei wichtigsten Banken gehört, die das umstrittene Mountain Top Removal» (MTR) finanzieren. Dabei werden, um an Kohle zu gelangen, ganze Bergspitzen weggesprengt, weshalb MTR als besonders zerstörerische Form des Bergbaus gilt.

Aufgrund der Kritik wird MTR nun in der Umweltrichtlinie der UBS thematisiert – wenn auch in den Augen der Umweltschützer etwas halbherzig. Die Richtlinie lässt weiterhin Finanzdienstleistungen an Bergbauunternehmen, die MTR praktizieren, zu. «Wir arbeiten nur mit Unternehmen zusammen, die aufzeigen können, dass sie sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten», so UBS-Sprecher Andreas Kern.

Die Umweltschützer kritisieren, dass die UBS trotz Umweltrichtlinie Ende Januar 2011 beratend bei der Übernahme mitgewirkt hat, die zum grössten Player im MTR-Bereich geführt hat. Anders als die UBS schliesst die Credit Suisse als einzige global tätige Bank Finanz- und Beratungsdienstleistungen für MTR-Firmen aus.

Banken geben sich gerne grün

In einem Bloomberg-Ranking der grünsten Banken vom Frühling 2011 schaffte es die CS auf Platz vier. Bewertet wurden u.a. die soziale Verantwortung und Investments in saubere Energien zwischen 2004 und 2010. «Wir engagieren uns für den Klimaschutz und halten uns bei Projektfinanzierungen an den Umweltstandard der Weltbank», sagt CS-Sprecher Biscaro. Die grünste aller Banken war die spanische Santander. In der Studie «Bankrolling Climate Change» klassiert sich das Finanzinstitut auf Rang 30.

Für die Umweltschützer sind grüne Banken vor allem Etikettenschwindel. «Die Banken betreiben Greenwashing», sagt Aktivist Vogelsanger. Das lenke von den Tatsachen und der echten Zerstörung ab: Er kritisiert, dass die «preisgekrönte» Credit Suisse 2010 ein Beratungsmandat beim südafrikanischen Energiekonzern Eskom eingegangen ist, der zwei neue Kohlenkraftwerke bauen will. Sie werden zusammen jährlich bis zu 60 Millionen Tonnen C02 ausstossen. Die CS konnte ein allfälliges Engagement nicht kommentieren.

Die Grössten Kohlekraft-Finanzierer

(in Millionen Euro)

1. JPMorgan Chase 16,540

2. Citibank 13,751

3. Bank of America 12,590

4. Morgan Stanley 12,117

5. Barclays 11,514

6. Deutsche Bank 10,946

7. RBS 10,946

8. BNP Paribas 10,694

9. Credit Suisse 9,495

10. UBS 8,217

(Quelle: Studie «Bankrolling Climate Change»)

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