Test bei Schweizer BankenDie Mär vom Schwarzgeld-Paradies
Gern geisseln deutsche Medien den Finanzplatz Schweiz als Hafen für unversteuerte Gelder. Stimmts? Reporter des Düsseldorfer «Handelsblatts» versuchten Schwarzgeld anzulegen – erfolglos.

Zwei Reporter des deutschen «Handelsblattes» machten bei sieben Schweizer Banken die Probe aufs Exempel. (Symbolbild)
Auf dem Finanzplatz Schweiz weht ein neuer, frischer Wind. Man will nicht länger Schwarzgeldparadies sein. Vor gut zwei Jahren lancierten Bundesrat und Bankenlobby die sogenannte Weissgeldstrategie. Das Ziel: Irgendwann sollen auf hier keine unversteuerten Gelder mehr liegen.
Dass die Schweiz durch Schwarzgeld reich geworden ist, gab selbst UBS-Chef Sergio Ermotti zu. «Wenn wir überall einen Schwarzen Peter verteilen würden, wo unversteuertes Geld drin ist, wäre die ganze Bahnhofstrasse voll von Schwarzen Petern.» Das werde sich ändern, sagte der Topbanker im Herbst 2011.
«Ein sterbender Schwan»
Entspricht die neue Rhetorik von Bankern, Bankenlobby und Politik der Wirklichkeit? Zwei als vermögende Kunden getarnte Reporter des deutschen «Handelsblatts» machten bei sieben Schweizer Banken die Probe aufs Exempel. Sie gaben sich als Neffe und Onkel aus, die offiziell gemeldetes und ein «bisschen» Schwarzgeld auf Konten in Zürich bunkern wollten – insgesamt fast zwei Millionen Euro. Es gehe um eine mit zum Teil unversteuertem Geld gekaufte Immobilie, die sie verkaufen möchten, erzählten die Reporter. Das Geld sollte am deutschen Fiskus vorbei in die Schweiz überwiesen werden.
«Wir nehmen nur versteuerte Gelder an», sagte der Berater des Schweizer Ablegers der Deutschen Bank. Zudem wies er darauf hin, dass der Kunde die Bank ermächtigen muss, Kontrollmitteilungen an die deutschen Behörden zu senden. Auf die Frage, was denn mit dem berühmten Schweizer Bankgeheimnis sei, sagte der Berater: «Das ist ein sterbender Schwan.» Das sei bei allen seriösen Schweizer Banken so.
Kein Termin bei Sarasin und ZKB
Bei Julius Bär erklärte der Berater, dass man alle Erträge nach Deutschland melde und das Bankgeheimnis sozusagen aufhebe. Bei der UBS erfuhren die getarnten «Handelsblatt»-Reporter, dass man nur ins Geschäft komme, wenn die Bank den deutschen Behörden automatisch Auskunft geben dürfe. Und bei der Bank Vontobel hiess es: «Wir raten Ihnen, steuerlich ehrlich zu werden.» Nicht mal einen Termin erhielten die beiden «Schwarzgeld-Kunden» bei der Bank Sarasin und der ZKB.
Bei der Lobby-Organisation des Schweizer Finanzplatzes, ist man nicht unglücklich über den Feldtest, scheint ihm aber nicht ganz zu trauen: «Solche Test sind immer mit Vorsicht zu geniessen. In diesem Fall zeigt er aber, dass es die Banken ernst meinen mit der Weissgeldstrategie und das Steuerabkommen mit Deutschland bereits heute umsetzen», so Thomas Sutter von der Bankiervereinigung auf Anfrage von 20 Minuten Online. Er hoffe, dass dies die deutsche Opposition endlich anerkenne.
In Deutschland Schwarzgeld anlegen, ist einfacher
Laut Sutter hat sich der Bankensektor seit 2009 klar für die Akquisition und Verwaltung von versteuerten Vermögen ausgesprochen. In unserem nördlichen Nachbarland scheint diese Botschaft nicht richtig angekommen zu sein. Seit Wochen prügeln deutsche Politiker auf die Schweizer Banken ein und tun ihren Ummut über das ausgehandelte Steuerabkommen kund. Die Sache gipfelte in der Aussage von SPD-Chef Sigmar Gabriel, der den Schweizer Banken «organisierte Kriminalität» vorwarf.
«Das Resultat des Tests ist kein Zufall. Das Verhalten der Institute hat sich geändert, auch wenn der Lernprozess nicht überall gleich rasch eingesetzt hat», sagt Bankenprofessor Maurice Pedergnana. Heute sei es für Schweizer Kunden bedeutend leichter in Deutschland Schwarzgeld anzulegen, als für Deutsche in der Schweiz. Laut dem Studienleiter am Institut für Finanzdienstleistungen in Zug sind für Schweizer Banken nicht mehr Schwarzgelder aus Europa die Stolpersteine: Problematisch seien Gelder aus Ländern wie Kasachstan oder Nigeria. «Hier ist es nicht immer möglich zu klären, wer tatsächlich die wirtschaftlich Berechtigten sind und wie die zu ihrem Vermögen gekommen sind», so Pedergnana.
«Kaufen Sie Gold!»
Ganz ohne Tipps wurden die beiden als Schwarzgeldkunden verkleideten «Handelsblatt»-Reporter dann aber doch nicht entlassen. Zwar dürfe er keine Termine vermitteln, sagte einer der Banker nach dem offiziellen Gesprächstermin, doch im Internet fänden sich Adressen der Filialen in Singapur. Eine Anlage dort empfehle er aber erst ab einer Anlagesumme von vier bis fünf Millionen Euro. Banken-Lobbyist Sutter will den Einzellfall nicht beurteilen, stellt aber klar, dass alle Banken in der Schweiz die Richtlinien umsetzen – sprich: Konzerninterne Umbuchungen von deutschen Vermögen sind verboten.
In Deutschland ist man anderer Meinung. In einem Kommentar bezeichnete die wirtschaftsfreundliche «Financial Times Deutschland» den Steuerdeal vor Monatsfrist als «sinnloses Abkommen». Der Vertrag verhindere nicht, dass Schweizer Banken deutschen Steuerzahlern helfen würden, unversteuertes Geld in Singapur zu verstecken.
Die Schweizer Banker hatten noch einen anderen Tipp auf Lager: Der Kauf von physischem Gold. «Da fallen keine nach Deutschland zu meldenden Erträge an. Dann können Sie die Offenlegungsvereinbarung unterzeichnen», so der Berater.