Stelldichein der «Weltregierung»

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Bilderberg-KonferenzStelldichein der «Weltregierung»

In Spanien findet die diesjährige Bilderberg-Konferenz statt. Beim Treffen der Mächtigen und Verschwiegenen sind laut Gästeliste auch prominente Schweizer vertreten.

Peter Blunschi
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Peter Blunschi

Sie sind die Lieblinge der Verschwörungstheoretiker: die «Bilderberger». Alljährlich versammeln sich einflussreiche Personen aus Politik und Wirtschaft zu einem «informellen» Treffen, das unter grösster Verschwiegenheit stattfindet. Diese Tatsache und die Ballung an Macht und Einfluss regen die Phantasien an: Viele halten die Bilderberger für eine heimliche Weltregierung. Im Internet wimmelt es nur so von einschlägigen Websites.

Die diesjährige Konferenz findet bis 6. Juni im Luxushotel Dolce in Sitges südlich von Barcelona statt, das von der Polizei hermetisch abgeriegelt wurde. Gegner haben unter anderem auf Facebook zur «Stürmung» von Bilderberg 2010 aufgerufen. Die im Internet kursierende Gästeliste – deren Echtheit nicht bestätigt ist – enthält klangvolle Namen wie Italiens Ex-Regierungschef Roman Prodi, den ehemaligen NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer oder Richard Holbrooke, den US-Sondergesandten für Afghanistan und Pakistan.

Für Glamour sorgen Königin Beatrix der Niederlande und Königin Sofia von Spanien. Ins Auge stechen aber nicht zuletzt die Namen von vier prominenten Schweizern: Deutsche-Bank-Chef Joe Ackermann, Verleger Michael Ringier, Novarits-Präsident Daniel Vasella – und alt Bundesrat Christoph Blocher. Dessen Präsenz überrascht allerdings nicht, er hatte letztes Jahr auf «Teleblocher» zugegeben: «Ja, ich war an der Bilderberg-Konferenz.» Sie sei das Harmloseste, was er je gesehen habe: «Von geheimer Weltregierung keine Spur.»

«Ideologie des Geldes»

Daniel Estulin, ein in Spanien lebender russischer Journalist, hält die Konferenz keineswegs für harmlos. Er ist einer der besten Bilderberg-Kenner und Autor des Buchs «Die wahre Geschichte der Bilderberger». Am Dienstag stellte er im Europaparlament in Strassburg auf Einladung eines Abgeordneten der italienischen Lega Nord seine Thesen vor: Von der Verschwörungstheorie, die Konferenz sei eine «Weltregierung», hält er nichts. Das Ziel sei vielmehr die Schaffung eines «Weltunternehmens».

Es gehe nicht um politische, sondern um wirtschaftliche Macht, die Teilnehmer würden eine «Ideologie des Geldes» vertreten, so Estulin. Tatsächlich finden sich auf der Liste vorwiegend Schwergewichte aus der Wirtschaft. Die grosse Frage in diesem Jahr sei, ob der Euro überlebt, sagte Daniel Estulin der britischen «Times». Die Bilderberger hätten Angst, dass die angeschlagenen Staaten aussteigen und der Euro auseinanderfällt: «Ihr grösster Alptraum ist die Rückkehr der EU-Mitglieder zu einer national orientierten Politik.»

Letztes Jahr in Griechenland

«Echte» Verschwörungsfans hingegen sehen die Bilderberger als Ursache des Problems. Fand nicht das letztjährige Treffen in der Nähe von Athen statt? Es folgte Griechenlands Fall ins Bodenlose. Und nun also Barcelona? Spanien gilt ohnehin als nächster Wackelkandidat. Selbst die Tatsache, dass es im Hotel Dolce ein pyramidenförmiges Dach gibt, beflügelt die Verschwörungstheoretiker, ist die Pyramide doch das Symbol der Illuminaten, die ebenfalls die Weltherrschaft anstreben, wie alle Dan-Brown-Fans wissen…

Unabhängig von solchen Hirngespinsten kritisieren auch nüchterne Gemüter die Geheimniskrämerei der Bilderberger. So lange sich daran nichts ändert, werden die Spekulationen über die geheime «Weltregierung» weiter florieren.

Bilderberg-Konferenz

Die Konferenz wurde zum ersten Mal im Mai 1954 auf Einladung von Prinz Bernhard der Niederlande im Hotel de Bilderberg in Oosterbeek veranstaltet. Von diesem ersten Tagungsort übernahm sie den Namen. Das Treffen entstand aus der Befürchtung, dass Westeuropa und Nordamerika angesichts der Bedrohung durch den kommunistischen Ostblock zu wenig eng zusammenarbeiten würden. Bilderberg-Konferenzen dauern in der Regel drei Tage . Es werden vor allem Probleme der Weltwirtschaft und der internationalen Beziehungen besprochen. Die Gespräche münden nicht in eine Abschlusserklärung und werden auch nicht im Wortlaut veröffentlicht.

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