Stecken wir in der Hausfrauen-Rally?

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Börsen-FeuerwerkStecken wir in der Hausfrauen-Rally?

Die Börsen setzen weltweit zu immer neuen Höhenflügen an, Kleinanleger trauen sich aufs Parkett. Doch genau das könnte auch ein Problem sein.

von
L. Frommberg
Euphorische Börsenhändler: Kommt bald die Ernüchterung?

Euphorische Börsenhändler: Kommt bald die Ernüchterung?

Allzeithoch, Rally, Bullenmarkt – die Wörter gehören längst nicht mehr nur zum Vokabular von Börsen-Experten. In diesem Jahr kamen selbst die grössten Wirtschaftsmuffel nicht mehr um die Meldungen zum Geschehen an den Aktienmärkten herum. Zu Recht: Denn selten verlief ein Jahr so spannend. So düster die Stimmung zu Beginn war, so euphorisch ist sie jetzt. Die Börsen in Europa und den USA erreichen in diesen Wochen Höchststände, von denen man vor ein paar Monaten noch nicht einmal träumte.

Doch wie nachhaltig ist das Wachstum? Eine ganze Reihe namhafter Ökonomen sieht die Börsen auf dem Höhepunkt, der kurz vor dem tiefen Absturz kommt. «Wir befinden uns in der Mutter aller Blasen», so etwa Nouriel Roubini vor wenigen Wochen. «Dr. Doom», wie er passenderweise auch genannt wird, warnt daher vor zu viel Optimismus. Auch die US-Star-Investoren Carl Icahn und Jeremy Grantham mahnen zur Vorsicht. Die Blase könne jederzeit platzen.

Kleinanleger wagen sich vor

Das eindeutige Zeichen: Wir befänden uns am Rande einer «Hausfrauen-Rally». Dieser politisch nicht ganz korrekte Begriff beschreibt Zeiten, in denen auch kleine Privatanleger an den Börsen investieren. In der Regel steigen diese aber wegen ihres mangelnden Börsenwissens erst deutlich nach den professionellen Anlegern ein - kurz bevor es bergab geht.

Doch so weit ist es noch nicht, glaubt Felix Brill. Die Zahlen würden zeigen, dass die Kleinanleger gerade erst dabei seien, sich langsam auf den Markt zu wagen, so der Chefökonom von Wellershoff und Partner. «Mittendrin sind wir noch lange nicht.» Auch Panagiotis Spiliopoulos sieht das Phänomen noch in weiter Ferne. «Erst wenn man in allen Zeitungen nur noch Anlagetipps sieht, wird es gefährlich», so der Analysechef der Bank Vontobel. Zumindest kurzfristig gäbe es keinen Grund zur Sorge.

Platzt die Blase ein bisschen später?

Platzt die Blase dann einfach ein bisschen später, im nächsten Jahr? «Dazu müsste es ja erst einmal eine geben», so Spiliopoulos. Und nicht einmal das sei sicher. Zwar seien die Märkte in den USA und Europa etwas überbewertet. Doch die drastischen Höhenflüge rührten auch daher, dass es in den letzten Jahren wegen der Krisenstimmung schlecht gelaufen sei. Nun erholten sich die Märkte einfach.

Das sieht auch Ökonom Brill so. «Die Stimmung war zwischenzeitlich so schlecht, dass es relativ einfach war, positiv zu überraschen», erklärt er. Das habe sich dann an den Börsen stark ausgewirkt. «Die Luft dürfte aber 2014 sicher etwas dünner werden».

Wie das Börsenjahr 2014 verläuft, haben zu einem grossen Teil die Zentralbanken in der Hand. Denn schon 2013 hatten Federal Reserve, EZB und Co. mit ihrer expansiven Geldpolitik viel zur Jubelstimmung an der Börse beigetragen. Spiliopoulos geht davon aus, dass die Notenbanken sich ihrer Verantwortung bewusst sind. «Sie werden sicher nicht zulassen, dass das, wofür sie sich vier Jahre angestrengt haben, sich bei einem Crash einfach in Luft auflöst», sagt er.

Eine Frage der Kommunikation

Im Grunde sei alles eine Frage der richtigen Kommunikation, so Brill. «Es ist eigentlich eine komische Situation. Wenn sich die Notenbanken zurückziehen, sollte man das im Grunde als gutes Zeichen werten, sie vertrauen ja auf die Stärke der Konjunktur.» Doch als US-Notenbankchef Ben Bernanke in diesem Jahr ankündigte, dass die Anleihenkäufe nicht ewig weitergehen würden, führte genau das an den Börsen zu heftigen Negativausschlägen. «Das wurde definitiv nicht sehr glücklich kommuniziert», so Brill. «Hoffen wir, dass sie daraus gelernt haben und es im kommenden Jahr besser machen - und dass die Finanzmarktteilnehmer in Zukunft besser zuhören.»

Vor starken Ausschlägen, in welche Richtung auch immer, wird auch die Schweizer Börse nicht komplett sicher sein – auch wenn man hierzulande von der Feierstimmung im Moment nicht so viel mitbekommt. Das allerdings liegt auch daran, dass die Schweiz von der europäischen Krise relativ verschont blieb. Doch Brill hat dann noch ein grosses «Aber» parat: Wenn es zu wirklich starken Korrekturen an den Märkten komme, dann könne sich auch die Schweiz nicht dagegen abschotten.

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