Spanien ist am meisten gefährdet

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Pleitegeier über EuropaSpanien ist am meisten gefährdet

In den letzten 200 Jahren ging Griechenland sechs Mal pleite. Noch schlimmer steht es um Spanien: Die Iberer mussten 14 Mal Konkurs anmelden. Stürzt sich der Pleitegeier erneut auf Spanien?

von
Sandro Spaeth

In der EU geht die Angst vor Staatsbankrotten um. Griechenland muss für langfristige Schulden mit 6,5 Prozent bereits doppelt so viel Zins bezahlen wie Deutschland. Den Griechen erschweren diese hohen Kosten die Refinanzierung, was den Pleitegeier immer tiefer kreisen lässt.

Die Wahrscheinlichkeit für eine Staatspleite in Europa liegt während den nächsten zwei Jahren bei 25 Prozent, schreibt Professor Aleksander Berentsen in einer Gastkolumne der «Basler Zeitung». Der Professor für Wirtschaftstheorie der Universität Basel will im Gespräch mit 20 Minuten Online aber trotzdem nicht dramatisieren: «Wenn Staaten ihre Schulden nicht mehr bedienen können und sie deswegen neu strukturiert werden, spricht man von einem Bankrott.» Das töne zwar dramatisch, sei aber noch keine Katastrophe. Obwohl: Bei der Umstrukturierungen von Schulden müssen die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. So geschehen bei Argentinien, welches Ende 2001 die Zahlungsunfähigkeit ausrief und die Kreditgeber in der Folge einen Grossteil der Kredite und Zinsen ans Bein streichen konnten.

Unrühmlicher Rekord für Spanien

Aussichtsreichster Pleitekandidat innerhalb der EU ist derzeit Griechenland. Betrachtet man aber die Geschichte, muss man zu einem anderen Schluss kommen. Die Autoren des Buches «This Time is Different: Eight Centuries of Financial Folly» haben Staatspleiten untersucht und festgestellt: Griechenland konnte seine Schulden gegenüber dem Ausland in den vergangenen 200 Jahren sechs Mal nicht mehr bezahlen. Noch schlimmer steht es hingegen um Spanien: In den vergangenen 800 Jahren meldete Spanien 14 Mal Konkurs an. Sind die Iberer also der nächste Konkurskandidat? «Bei Spanien ist die Bilanz etwas überzeichnet», sagt Berentsen. Grund: Sechs Konkurse fallen in die Jahre 1557 bis 1647, als Spanien zahlreiche Kriege ausfocht und allesamt verlor.

Daher aber zu glauben, Staatsbankrotte seien etwas aus der Vergangenheit, ist laut Berentsen falsch. Der Professor warnt vor der «this time is different»-Illusion. «Nichts ist anders. Auch heute werden Staaten pleite gehen.» Es ist sogar so, dass nach einer Bankenkrise die Wahrscheinlichkeit von Staatsbankrotten stark ansteigt. Aussichtsreichster Kandidat für eine Zahlungsunfähigkeit bleibt laut Berentsen Griechenland. Aber auch um Portugal, Irland und eben Spanien stehe es nicht zum Besten.

Bankrott als strategischer Entscheid

Es stellt sich die Frage, weshalb angeschlagene oder wie im Fall Argentinien ehemals zahlungsunfähige Länder später wieder Kredite erhalten: «Die Märkte verzeihen zu schnell. Zudem locken die hohen Zinszahlungen», so Berentsen. Manche Kreditgeber seien sich des hohen Bankrottrisikos nicht bewusst, denn ein Bankrott sei ein strategischer Entscheid eines Landes. Konkret bedeutet dies: Kommt ein Land zum Schluss, die Zahlungsunfähigkeit sei das kleinere Übel, wird der Bankrott verkündet. Einfluss auf die Risikobereitschaft der privaten Geldgeber hat laut Berentsen auch der Internationalen Währungsfond (IWF): «Gläubiger hoffen, dass der IWF oder andere Länder dem Pleitekandidaten zu Hilfe eilen.»

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