Deutsche SteuersünderSingapur ist die neue Schweiz
Deutsche Steuerflüchtlinge mit Konten in der Schweiz bekommen wegen des anstehenden Steuerabkommens kalte Füsse. Sie weichen nach Singapur aus - doch die deutsche Regierung bleibt ihnen dicht auf den Fersen.

Das Bankenviertel von Singapur - es zieht derzeit Milliarden von deutschen Steuergeldern an.
Deutschland erhofft sich vom Steuerabkommen mit der Schweiz, das eine pauschale Besteuerung deutscher Vermögen in der Schweiz vorsieht, Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe. Alleine durch die Nachbesteuerung von Schwarzgeld werden gemäss Berechnungen des Finanzministeriums zehn Milliarden Euro nach Deutschland fliessen. Umso ärgerlicher ist es für Deutschland, dass nun offenbar viele deutsche Steuersünder ihr Geld nach Osten verschieben, genauer gesagt nach Singapur. Denn deutsche Steuerflüchtlinge transferieren derzeit unter dem Druck der geplanten Offenlegung der Schweizer Konten zweistellige Milliardenbeträge auf Banken in Singapur, berichtet die «Bild»-Zeitung.
Der Schweizer Staatssekretär für internationale Finanzfragen, Michael Ambühl, relativiert aber. Er sagte Ende September bei einer Expertenanhörung im deutschen Bundestag, genauere Daten zu den «Abschleichern» würden demnächst vorliegen. Nach seiner Einschätzung wird das Problem überbewertet.
Im Fall einer Schweizer Grossbank seien seit September 2011 nur 1 Prozent der Konten deutscher Kunden geschlossen worden, erläuterte Ambühl. Die Hälfte dieses Geldes sei nach Deutschland, ein Viertel in andere EU-Staaten oder innerhalb der Schweiz verschoben worden. Damit könnten 0,25 Prozent der deutschen Kunden potentielle Abschleicher sein.
Schäuble will sofort handeln
Die deutsche Bundesregierung will aber nicht tatenlos zusehen, wie ihr Geld nach Asien verschwindet. Deshalb will Finanzminister Wolfgang Schäuble am kommenden Sonntag bei einer Reise nach Singapur mit der Regierung des asiatischen Staates über ein neues Auskunfts-Abkommen verhandeln, wie das Blatt unter Berufung auf Regierungskreise berichtet. Das Treffen soll demnach dazu dienen, detailliert Kenntnis über nach Singapur verschobene Gelder deutscher Steuerflüchtlinge zu erhalten.
Die Voraussetzungen für ein Abkommen mit Singapur werden in deutschen Regierungskreisen positiv eingeschätzt: Das Land verfolge eine «Weissgeld-Strategie», hiess es dort.
Das heisst, nach dieser Einschätzung hat der Staat kein Interesse daran, unversteuertes Schwarzgeld anzuziehen. Dies entspricht der offiziellen Linie Singapurs. Im August hatte die dortige Finanzaufsicht erklärt, keine Zuflüsse von Schwarzgeld ins eigene Finanzsystem zu tolerieren.
Singapur hat in der Vergangenheit bereits mit zahlreichen Ländern Steuerabkommen geschlossen. Auch hat Singapurs Parlament im Jahr 2009 ein Gesetz verabschiedet, das der Regierung erlaubt, bei Verdacht auf Steuerhinterziehung bei Banken die Herausgabe von Daten zu verlangen. In der Folge wurde das Land laut dem «Spiegel Online» von der OECD von der grauen Liste der Steueroasen gelöscht – zeitgleich mit der Schweiz.
(jbu/sda)