400 MillionenRieter mit Riesenverlust
Der Textilmaschinenproduzent und Autozulieferer Rieter ist wegen der Krise im vergangenen Jahr erstmals seit einem Vierteljahrhundert tief in die roten Zahlen geraten. 2009 erwartet Rieter einen weiteren Umsatzrückgang und operative Verluste.
Rieter weist für 2008 nach Sonderkosten für Restrukturierung und Goodwill-Abschreibungen einen Reinverlust von 396,7 Millionen Franken aus, verglichen mit einem Vorjahresgewinn von 211,5 Millionen Franken. Erstmals waren mit dem Textilmaschinen- und dem Autozulieferergeschäft beide Konzerndivisionen gleichzeitig vom massiven Einbruch betroffen, wie Rieter am Dienstag weiter bekannt gab. Rieter Textile verzeichnete für 2008 einen Betriebsverlust von 49,5 Millionen Franken, nach einem Betriebsgewinn von 200,7 Millionen Franken im Vorjahr. Rieter Automotive Systems musste einen Betriebsverlust von 251,0 Millionen Franken hinnehmen, verglichen mit einem Vorjahres-Betriebsgewinn von 91,6 Millionen Franken. Der Konzern-Betriebsverlust vor Zinsen und Steuern auf Stufe EBIT betrug 312,1 Millionen Franken. Er vergleicht sich mit einem Betriebsgewinn von 211,5 Millionen Franken im Vorjahr. Rieter hatte die Sonderbelastungen bereits im Januar angekündigt. Damals wurde auch der Konzernumsatz bekannt gegeben, der um einen Fünftel auf 3,142 Milliarden Franken einbrach. Der Bestellungseingang stürzte sogar um 37 Prozent auf 2,562 Milliarden Franken ab.
Der Rieter-Verwaltungsrat will für das verlustreiche Geschäftsjahr 2008 keine Dividende zahlen, nachdem im Vorjahr noch eine solche von 15 Franken je Aktie ausgeschüttet wurde. Stattdessen werden den Aktionären Optionen zugeteilt. Diese berechtigen zum Kauf von Rieter-Aktien, was von einem Analysten der Bank Vontobel als «eher eine kleine Kapitalerhöhung» bezeichnet wurde. Rieter gab gleichzeitig bekannt, dass das im September 2007 angekündigte Aktienrückkaufprogramm vorzeitig per sofort gestoppt werde.
Rieter hat bereits Restrukturierungsmassnahmen eingeleitet, verbunden mit Kurzarbeit und einem weltweiten Stellenabbau. Zudem wurden Werkschliessungen und Strukturanpassungen in den USA und in Spanien, Deutschland, Italien und Frankreich eingeleitet. Die Zahl der Arbeitsplätze wurde um 2.823 verringert, was rund 16 Prozent der gesamten Belegschaft entspricht. 2009 werden die Restrukturierungsprojekte weiter umgesetzt, wie Konzernchef Hartmut Reuter zu verstehen gab. Produktionskapazitäten und Kostenstruktur würden weiter der geringen Nachfrage angepasst.
Rieter erwartet dieses Jahr noch keine Erholung und geht deshalb von einem signifikanten Umsatzrückgang aus. In beiden Divisionen müsse mit operativen Verlusten gerechnet werden, sagte Reuter. Höchste Priorität hätten die Erhaltung einer soliden Bilanz und einer ausreichenden Liquidität. Rieter stand per Ende 2008 mit einer Eigenkapitalquote von 36 Prozent (Vorjahr: 48 Prozent) und einer Nettoverschuldung von 37 Millionen Franken (Vorjahr: Nettoliquidität von 145 Millionen) laut der Bank Vontobel noch relativ solide da.
Dennoch bezeichnete der Analyst das Ergebnis als sehr schwach. Bei fortgesetzt schwierigem Marktumfeld werde die Liquidität zum Problem, gab der Analyst der Zürcher Kantonalbank zu bedenken. An der Börse gaben die Rieter-Aktien nach positivem Start nach und schlossen bei 128,10 Franken und damit 1,5 Prozent unter dem Vortagesschluss. (dapd)
Peter Spuhler und Michael Pieper ziehen in den Verwaltungsrat ein
Der Verwaltungsrat der Rieter Holding AG schlägt der Aktionärsversammlung vom kommenden 29. April die Zuwahl von vier neuen Verwaltungsratsmitgliedern vor. Es sind dies die Grossaktionäre Peter Spuhler und Michael Piper sowie der Forbo-Konzernchef This Schneider und der Wirtschaftsanwalt Hans-Peter Schwald. Zurücktreten werden die Verwaltungsräte Ulrich Dätwyler, Peter Wirth und Rainer Hahn. Erwin Stoller bleibt Präsident des Verwaltungsrats. Stadler-Rail-Besitzer und SVP-Nationalrat Spuhler ist über seine Finanzgesellschaft PCS mit 17 Prozent an Rieter beteiligt. Franke-Eigentümer Pieper hält über fünf Prozent an Rieter, und der Forbo-Konzern ist mit mehr als zehn Prozent beteiligt. Der Verwaltungsrat begrüsste die Bereitschaft dieser Aktionäre, in einem schwierigen Umfeld die strategische Verantwortung für den Rieter-Konzern durch ein persönliches Engagement im Verwaltungsrat mitzutragen. Die Zuwahl der vier neuen Verwaltungsräte wurde von Analysten begrüsst. Laut der Bank Vontobel könnten die vier Neuen der bisher erfolglosen Doppelstrategie von Rieter neuen Schwung verleihen. Bei einigen der Neuen gebe es aber echte Zweifel an deren Kompetenz, hiess es bei Helvea.
(AP)