Umfrage unter PersonalchefsMehr Lohn gibts nur noch für die Besten
Die Löhne steigen. Aber: Mehr Geld für alle gibt es kaum noch. In der Schweiz etabliert sich ein neues System der Lohnerhöhungen.
Mehr Lohn wollen alle. Doch auch wenn es Lohnerhöhungen in einem Betrieb gibt, dann oft nur für wenige. Denn die aktuelle Statistik zu den durchschnittlichen Lohnerhöhungen hat einen Haken: Wer wie viel mehr Lohn erhält, bleibt offen.
Laut «SonntagsZeitung» steigen dieses Jahr die Löhne im Schnitt um 0,89 Prozent. Die Zahlen basieren auf einer Umfrage der St. Galler Beratungsfirma Know unter 349 Personalchefs. «Eine Lohnerhöhung von 0,9 Prozent sagt noch nichts darüber aus, wie diese unter den Angstellten verteilt wird», sagt Arno Kerst zu 20 Minuten. Der Präsident der Gewerkschaft Syna, betont, dass zu oft einige dabei leer ausgehen.
Profitieren nur die Lieblinge der Chefs?
Bis vor kurzem waren rund 65 Prozent einer Lohnerhöhung für die gesamte Belegschaft bestimmt. Lediglich 35 Prozent wurden gezielt an einzelne Mitarbeiter vergeben. In den letzten Jahren hat sich laut Syna dieses Verhältnis umgekehrt: Der Grossteil wird für die Erhöhung einzelner Löhne verwendet, für die restlichen Mitarbeitenden bleibt nur noch wenig oder gar nichts übrig.
«Dieser Trend hat in den letzten Jahren in der Schweiz stark zugenommen. Wir fordern dagegen, dass die Löhne wieder vermehrt generell erhöht werden», sagt Kerst. Seine Kritik daran: Die Kriterien, warum jemand mehr Lohn bekommt – oder eben nicht –, sind unklar. «Die Gefahr ist gross, dass nur die Lieblinge des Chefs profitieren. Dabei tragen alle zum Unternehmenserfolg bei.»
Die Teuerung kommt wieder
Auf Arbeitgeberseite hingegen heisst es: ««Wegen der Nullteuerung ist mehr Spielraum für individuelle Lohnerhöhungen entstanden», sagt der Direktor des Arbeitgeberverbandes, Roland Müller. Statt mit der Giesskanne mehr Geld auszuschütten, werde vermehrt Leistung belohnt. Von Willkür könne man deswegen nicht reden, denn die Lohnsysteme gäben klare Kriterien vor. Dabei gehe es nicht um Boni für die Konzernleitung, diese regle der Verwaltungsrat.
Für dieses Jahr wird jedoch eine Teuerung in der Schweiz erwartet – und Lohnerhöhungen für alle werden wieder in den Brennpunkt rücken: Denn die Inflation setzt weltweit ein und sollte auch in der Schweiz die Lebenshaltungskosten steigen lassen. Die Bank J. Safra Sarasin geht für 2017 von plus 0,3 Prozent Teuerung aus nach minus 0,4 Prozent im vergangenen Jahr. Das erhöht laut Chefökonom Karsten Junius auch den Druck, die Löhne zu erhöhen.
Generell mehr Lohn in Pflegeberufen
«Auch der Fachkräftemangel sollte für höhere Löhne sorgen. Zusätzlich dürfte es wegen der alternden Gesellschaft in niedrig bezahlten Branchen wie Pflege- und Haushaltsdienstleistungen höhere Saläre geben», sagt Junius zu 20 Minuten.
Was Arbeitnehmern unter dem Strich bleibt, ist noch einmal eine andere Frage. «Der Trend zu höheren Abgaben für Altersvorsorge und Krankenkasse dürfte anhalten.Trotz zu erwartender Lohnerhöhungen bleibt so weniger übrig», betont Junius.