Kundennähe rentiert sich eben doch

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DetailhandelKundennähe rentiert sich eben doch

Sie sind Zwerge im Vergleich mit Migros und Coop, doch die Detailhändler Volg und Spar sind vielen Kunden lieber. Was ihren grossen Erfolg ausmacht.

Markus Kick
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Markus Kick

Detailhandelsspezialist Gotthard F. Wangler bringt es auf den Punkt: «Volg und Spar nützen jene Nischen gezielt aus, welche Coop und Migros sowie die Harddiscounter Denner, Aldi und Lidl nicht mehr besetzen wollen.» Zudem verhielten sie sich clever, da sie sich so weniger in die letztlich ruinösen Grabenkämpfe um die allertiefsten Preise verstricken lassen. Wangler: «Sie müssen nicht das letzte Räppli hergeben, denn sie wissen, dass sie preislich ohnehin nie mithalten können.»

Geschickte Nischenplayer

Dass sich auch an kleinen Standorten Geld machen lässt, beweisen die eben veröffentlichten Geschäftszahlen. Volgs Umsatz wuchs 2010 um 1,7 Prozent auf 1,29 Milliarden Franken, trotz des im Schnitt um 1,1 Prozent verbilligten Sortiments. Zudem hat Volg 10 neue Läden eröffnet. Ingesamt betreibt die Gruppe 872 Verkaufsstellen.

Volg setzt gezielt auf die Nischenpolitik. Die Tochter des 5 Milliarden Franken schweren Agrarunternehmens Fenaco profitiert von der Nähe und Erreichbarkeit der Verkaufsstellen, der Übersichtlichkeit des Angebots für den täglichen Bedarf und die persönliche Atmosphäre. «Letztlich spielen solche Attribute sowie die Qualität der Artikel eine entscheidende Rolle», bestätigt Gotthard F. Wangler. «Der Preis ist in der Schweiz eben noch nicht alles.»

Die in Gossau SG beheimatete Spar-Gruppe Schweiz schaffte es im letzten Jahr fast in die Liga der Umsatzmilliardäre. Trotz Preissenkungen gingen in den 158 Läden, acht Grosshandels-Abholmärkten TopCC sowie mit der Drittkundenbelieferung Waren im Wert von 993 Millionen Franken über den Ladentisch, ein Plus von 1,2 Prozent gegenüber Vorjahr.

Die Grossen wachsen unterschiedlich schnell

Migros hat 2010 seine Verkäufe leicht steigern können. So stieg der Konzernumsatz um 0,3 Prozent auf 25,028 Milliarden Franken, wobei fast 85 Prozent der Einnahmen aus dem Detailhandel stammen. Damit hinkt das Wachstum des orangen Riesen leicht jenem von Erzrivalin Coop nach. Die Basler bauten 2010 den Gruppenumsatz um 1,8 und den Detailhandelsumsatz um 2,1 Prozent aus.

Dass es nicht mehr so flott wie auch schon aufwärts geht, schreibt die Migros den branchenweiten Preisabschlägen zu. Hinzu kam der währungsbedingte Umsatzrückgang im Reisegeschäft. Ohne Preissenkungen von 2,1 Prozent, wäre der Detailhandelsumsatz um 2,9 Prozent gestiegen. Immerhin: Auch bereinigt um alle Sonderfaktoren blieb der Migros 2010 ein Plus. 2009 hatte Migros als einziger grosser Schweizer Detailhändler einen halbes Prozent weniger Umsatz hinnehmen müssen.

Nächstes Jahr dürfte Migros die roten Schlusslichter des Coop-Trucks von hinten sehen. Denn 2010 war das letzte Jahr, für das die Migros einen höheren Gruppenumsatz als Coop ausweisen kann. Mit der vollständigen Übernahme des Gastrogrosshändlers Transgourmet wird Coop die Migros 2011 umsatzmässig überflügeln. Doch Detailhandelsexperte Wangler relativiert: «Über alle Aktivitäten der Migros-Gruppe betrachtet, also unter Einbezug der Töchter Denner, Hotelplan, Migros Bank, Migrol, der Eigenindustrien und anderem mehr, kann Migros durchaus mit Coop mithalten.»

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