Zwischen Bangen und HoffenDer Ausverkauf an den Börsen geht weiter
Der Börsentag war nichts für schwache Nerven. Die Angst vor einem Schwarzen Freitag und die Hoffnung auf einen Anstieg der Kurse wurden von einem stetigen Auf und Ab genährt. Die wichtigsten Börsen Europas schlossen im Minus.
Jan Poser, Leiter Research der Bank Sarasin, geht von einer weiter andauernden Unsicherheit an den Börsen aus: «Die Anleger bringen sich jetzt in Sicherheit.» (Quelle: Keystone)
Der Schweizer Aktienmarkt hat am Freitag erneut schwächer geschlossen. Nach einer markant tieferen Eröffnung hat der Markt die begonnene Erholung, die temporär in die Pluszone geführt hatte, im Verlauf des Nachmittags abgebrochen.
Während besser als erwartete US-Arbeitsmarktdaten und eine festere Eröffnungsphase an der Wall Street noch gestützt und sich die Konjunkturängste etwas beruhigt hatten, drückten danach weitere Diskussionen um den EU-Krisenfonds und Spekulationen über eine mögliche Rating-Herabstufung der USA auf die Kurse.
Minus 10,6 Prozent in einer Woche
Der Swiss Market Index (SMI) schloss um 2,14 Prozent tiefer auf 5172,06 Punkte; die Handelsbandbreite belief sich auf rund 230 Punkte. In der verkürzten Handelswoche hat der Leitindex damit um 10,6 Prozent nachgegeben und den tiefsten Stand seit Frühjahr 2009 erreicht. Der breiter gefasste Swiss Performance Index (SPI) verlor um 2,11 Prozent auf 4742,83 Punkte.
Unter den SMI-/SLI-Titeln drückten vor allem die defensiven Indexschwergewichte Nestlé (-2,1 Prozent), Novartis (-2,4 Prozent) und Roche (-3,5 Prozent) den SMI um gut einen Prozentpunkt. Wenig gefragt waren auch die ebenfalls defensiven Swisscom-Titel (-2,7 Prozent). Generell wurden phasenweise sehr hohe Handelsvolumen erzielt, wie es von Börsenplattform-Betreibern hiess.
Die prozentual grössten Einbussen erlitten - neben den drei Schwergewichten - konjunktursensitive und Versicherungstitel. So verloren die Aktien von Erdölserviceunternehmen Weatherford (-6,1 Prozent) am meisten, gefolgt von den Papieren der Versicherer Swiss Life (-4,4 Prozent) und Zurich Financial Services (-2,5 Prozent).
Konjunktursorgen lasteten ebenfalls auf den Luxusgütertiteln Richemont (-3,0 Prozent) und Swatch (-2,1 Prozent). Unter den Bankvaloren verloren die Credit-Suisse-Titel (-2,3 Prozent) und gemässigter auch UBS-Aktien (-1,2 Prozent) weiter.
Logitech als Tagessieger
Hingegen konnten die Aktien des Computerperipherie-Geräteherstellers Logitech (+2,3 Prozent) gegen den Trend zulegen. Weitere Gewinner waren die Aktien des Saatgut- und Pflanzenschutzmittelherstellers Syngenta (+1,5 Prozent) und im Zuge einer technischen Reaktion nach dem Halbjahresergebnis die Titel des Aroma- und Riechstoffeherstellers Givaudan (+1,3 Prozent).
Die Titel des Logistikers Kühne Nagel (+1,0 Prozent) und des Hörsystem-Herstellers Sonova (+0,4 Prozent) gewannen ebenfalls. Auch die Titel des Zeitarbeit-Anbieters Adecco (+0,2 Prozent) wurden gekauft.
Im breiten Markt standen die Titel von Dufry (+2,6 Prozent) nach der Bekanntgabe verschiedener Akquisitionen im grösseren Stil im Fokus. Der Reisedetailhändler hat für rund 1 Mrd. Dollar in mehreren Schwellenländern zugekauft.
Europäische Börsen tauchten weiter
Der DAX gab nach einer Achterbahnfahrt 2,8 Prozent auf 6236 Zähler ab. Damit hat der Index seit Anfang der Woche gut 1000 Punkte verloren. Für den deutschen Leitindex ist es nach acht Verlusttagen zudem die längste Durststrecke in seiner Geschichte. Der MDAX verlor 1,0 Prozent auf 9135 Punkte, der TecDAX 0,9 Prozent auf 718 Zähler. In Paris büsst der CAC 40 1,26 Prozent ein, in London muss der FTSE-100 ein Minus von 2,71 Prozent hinnehmen.
Die Wall Street hat am Freitag nach einer spektakulären Achterbahnfahrt uneinheitlich geschlossen. Nach deutlichen Kursverlusten im New Yorker Vormittagsgeschäft ging der Dow-Jones-Index der Standardwerte 0,5 Prozent höher mit 11 444 Punkten aus dem Handel.
Der breiter gefasste S&P-500 fiel geringfügig und rutschte auf 1199 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq liess 0,9 Prozent auf 2532 Punkte Federn.
Sarkozy und Merkel telefonieren
Angesichts der Unruhe an den Börsen unterbrechen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Präsident Nicolas Sarkozy ihre Urlaube für eine Telefonkonferenz. Ein Telefonat der beiden sei geplant, bestätigte ein Regierungssprecher in Berlin. Dabei werde die aktuelle Lage in der Eurozone eine Rolle spielen. Das Gespräch sollte nach Angaben aus Paris noch am Freitag stattfinden. (sda/dapd)