Auf Widmer-Schlumpf wartet ein harter Gegner

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Gewiefter ProfessoreAuf Widmer-Schlumpf wartet ein harter Gegner

Wenn Eveline Widmer-Schlumpf nach Italien reist, um das Eis im Steuerstreit zu brechen, trifft sie auf einen Experten. Mario Monti verhandelte vor Jahren über das Bankgeheimnis.

von
Balz Bruppacher
Harte Gegner im Steuerstreit: Italiens Ministerpräsident Mario Monti und Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf.

Harte Gegner im Steuerstreit: Italiens Ministerpräsident Mario Monti und Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf.

Auf Bundespräsidentin Eveline Widmer Schlumpf wartet keine leichte Aufgabe. Wenn sie demnächst zu Verhandlungen über die Abgeltungssteuer nach Italien reist, könnte sie sich an ihrem italienischen Pendant die Zähne ausbeissen. Der Professore, wie der jetzige Ministerpräsident Italiens gerne genannt wird, kennt die Materie ausgezeichnet.

Monti leitete im Frühjahr 1999 als EU-Binnenmarktkommissar eine EU-Delegation in ähnlicher Sache. Sie sprach in Bern vor, um sicherzustellen, dass die Pläne zur grenzüberschreitenden Besteuerung der Zinserträge von EU-Bürgern nicht von der Schweiz und ihrem Bankgeheimnis durchkreuzt werden.

Monti, schon damals in der Pose des Grandseigneurs, vermied jegliche Polemik. Die Journalisten mussten sich mit einigen Floskeln und bereits Bekanntem begnügen, als die Delegationen am Abend den Bernerhof, Sitz des Finanzdepartements, verliessen. Hausherr Kaspar Villiger beschied selbstbewusst: «Das Bankgeheimnis ist nicht in Gefahr.» Die Maxime vom nicht verhandelbaren Bankgeheimnis wurde in jener Zeit von Villiger und seinem Kommunikationsberater Daniel Eckmann geboren.

«An diesem Bankgeheimnis werdet ihr euch die Zähne ausbeissen!»

Tatsächlich dauerte es nach dem Treffen mit Monti noch zehn Jahre, bis der Bundesrat am 13. März 2009 das Steuerbankgeheimnis im Verkehr mit dem Ausland weitgehend preisgab. Mit Häme übergossen wurde vor allem Villigers Nachfolger Hans-Rudolf Merz. Denn er hatte die villigersche Maxime vom unverhandelbaren Bankgeheimnis noch zugespitzt. Im März 2008 sagte er im Nationalrat an die Adresse jener ausländischen Staaten, die der Schweiz wegen des löchrigen Zinsbesteuerungsabkommens an den Karren fuhren: «An diesem Bankgeheimnis werdet Ihr euch die Zähne ausbeissen!»

Merz-Nachfolgerin Widmer-Schlumpf fällt nun die Aufgabe zu, das Restbankgeheimnis mit dem Abgeltungssteuer-Modell zu retten zu versuchen. Monti spielt bei dieser Mission insofern eine wichtige Rolle, als das Zustandekommen eines Steuerabkommens mit Italien dem Modell neues Leben einhauchen würde. Denn die Akzeptanz der Abgeltungssteuer ist in den vergangenen Wochen auch in der Schweiz ins Wanken geraten.

Was schenkt die Abgeltungssteuer ein?

Allerdings werden die Verhandlungen mit Italien durch eine Reihe von weiteren Problemen erschwert. Neben hängigen Altlasten gehört auch die Ungewissheit über die zu erwartenden Einnahmen Italiens hinzu. In italienischen Medien wurde der einmalige Ertrag aus der Regularisierung der Altlasten auf 37 Milliarden Euro geschätzt. Gesicherte Zahlen zum Umfang der italienischen Schwarzgelder in der Schweiz gibt es allerdings nicht.

Die immer wieder zitierten Schätzungen des Brokers Helvea datieren vom Mai 2009 und beruhen auf Berechnungen des Zinsbesteuerungsertrags aus dem Jahre 2007. Die von der Helvea-Studie genannte Summe von 185 Milliarden Franken an unversteuerten Vermögen aus Italien ist schon deshalb nicht mehr aktuell, weil Italien 2009 eine weitere Steueramnestie durchführte. Dabei wurden 60 Milliarden Euro aus der Schweiz deklariert, von denen allerdings weniger als die Hälfte auch nach Italien zurücktransferiert wurden.

Monti kein Hardliner in Sachen Informationsaustausch

Italiens Ministerpräsident, der zugleich auch Wirtschafts- und Finanzminister ist, gehörte übrigens in seiner früheren Funktion in Brüssel nicht zu den Hardlinern in Sachen Informationsaustausch in Steuerfragen. Die nach dem EU-Kommissar benannte Monti-Gruppe erarbeitete im Jahre 1998 das sogenannte Koexistenzmodell. Demnach sollte es den EU-Mitgliedstaaten überlassen werden, ob sie die Besteuerung der Zinserträge mit einer Quellensteuer oder durch ein automatisches Meldeverfahren sicherstellen wollen. Der EU-Gipfel vom Juni 2000 im portugiesischen Feira erklärte dann aber den Informationsaustausch zum Endziel und liess das Koexistenzmodell nur als Übergangslösung zu.

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