Banken verschmähen Leute mit Mini-Hypotheken

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DiskriminierungBanken verschmähen Leute mit Mini-Hypotheken

Wer ein Haus kaufen will, ist auf fremdes Geld angewiesen. Doch je kleiner die Hypothek ist, desto schwieriger wird es, überhaupt eine zu bekommen.

C. Landolt
von
C. Landolt
Wohnfläche mieten oder kaufen ist eine wichtige Entscheidung - oft begleitet von langwierigem Abwägen und Zahlenjonglieren. Das gegenwärtige Tiefzinsumfeld verleitete viele Personen dazu, den Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklichen.
Wer ein Haus bauen will, muss sich mit dem Hypothekendschungel auseinandersetzen. Nicht in jeder Gemeinde lohnt sich Eigentum.Vor allem in Ballungszentren um Zürich und am Genfersee registrieren Wohnexperten eine Übertreibung auf dem Immobilienmarkt.
Dennoch bleibt der Traum vom eigenen Haus populär. Doch nicht alle können ihn sich erfüllen. Laut der Berartungsfirma Wüest und Partner kostet ein Haus im Landesschnitt 780'000 Franken.
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Wohnfläche mieten oder kaufen ist eine wichtige Entscheidung - oft begleitet von langwierigem Abwägen und Zahlenjonglieren. Das gegenwärtige Tiefzinsumfeld verleitete viele Personen dazu, den Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklichen.

Alessandro Della Bella

Es wirkt paradox: Obschon die Hypothekarkunden mit einem Kreditvolumen von unter 300'000 Franken eine geringere Belehnung aufweisen, die Risikodeckung kleiner ist und für die Banken ein solcher Deal eigentlich günstiger wäre, bekommen gerade diese Leute viel weniger oft einen Kredit zugesprochen.

Das zeigt eine Analyse des Hypothekarvermittlers Moneypark, die 20 Minuten exklusiv vorliegt. Ausgewertet wurden entsprechende Daten von 6000 Kunden für die Jahre 2013, 2014 und 2105.

Kunden mit einer Hypothekarsumme, die weniger als 300'000 Franken beträgt, werden überdurchschnittlich häufig abgelehnt. Jeder vierte Anwärter erhält keinen Hypothekarvertrag von einem Finanzinstitut, obschon er bezüglich Tragbarkeit und Belehnung die Branchenvorgaben erfüllt. Diese Kunden bekommen nicht einmal eine Zinsofferte. Noch ärger trifft es jene, die eine Kreditsumme beantragen, die kleiner als 200'000 Franken ist. Diese Gesuche werden bei jedem zweiten Antragsteller abgelehnt.

Frustrierende Erfahrung

«Kleine Kunden werden definitiv von den Finanzinstituten benachteiligt», erklärt Dr. Stefan Heitmann, CEO von Moneypark. Speziell für Neufinanzierungskunden sei es schwierig, ein Darlehen zu erhalten. Das könne für die Leute sehr «frustrierend» sein.

Damit nicht genug: Obschon die so genannten «kleineren» Kunden bezüglich Tragbarkeit und Belehnung im Vergleich besser abschneiden als der Durchschnitt, müssen sie teilweise höhere Zinsen in Kauf nehmen. So zahlten Kunden mit einem Hypo-Volumen von bis zu 300'000 Franken 2013 und 2015 jeweils 8 Basispunkte mehr Zinsen für 10-jährige Festhypotheken. «Bei einer durchschnittlichen Kreditsumme von 245'000 Franken macht dies über die gesamte Laufzeit immerhin einen Aufschlag von fast 2000 Franken aus», erklärt Heitmann. 2014 und 2015 zahlten die kleinen Kunden gar mehr Zinsen als Kunden mit einem Volumen von über einer Milllion.

Teure Lohnkosten

Warum werden kleine Hypo-Kunden häufig abgelehnt? Der Grund liegt in der Kostenstruktur im Kreditwesen. «Für die Finanzinstitute ist der Aufwand, den es für eine Hypothekenvergabe braucht, unabhängig von der Grundpfandschuldsumme identisch», schildert der Experte. Die meisten Prozesse bei der Hypothekarkreditvergabe seien nicht digitalisiert. Ab Kreditentscheid werde typischerweise jeweils manuell bearbeitet und geprüft, selbst bei Online-Hypotheken. Diese Wertschöpfungskette habe ihren Preis. «Ein Kunde, der eine höhere Kreditsumme beantragt, ist für die Bank generell interessanter, da höhere Erträge bei gleichen Kosten anfallen», sagt Heitmann.

Tatsächlich zeigen die Moneypark-Daten, dass die Banken kulanter werden, je höher die Kreditgrenze legt. Für Kunden mit einer Hypothek von 1 Millionen ist es einfacher, einen Finanzierungspartner zu finden. Solche Kunden sind interessant, so Heitmann, weil die Aussichten auf ein lukratives Folgegeschäft wie etwa eine Refinanzierung bei Abschluss oder Zusatzgeschäfte in Form von Anlagen, Konti und Karten weit besser seien als bei Kleinkunden.

Wären Hypotheken bei einer grossen Versicherung also eine Alternative? «Die Schwierigkeit für den Kunden ist, dass offiziell viele Institute kleine Hyposummen ab 100'000 Franken anbieten, in der Realität aber die Kunden ablehnen», so Heitmann. Der Hypothekarmarkt sei für den Kunden maximal intransparent. Man komme daher nicht darum herum, mehrere Offerten bei verschiedenen Anbietern einzuholen, um den richtigen Finanzierungspartner zu finden.

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