LGBT-AbteilungBanker umgarnen Gays und Lesben
Das VZ Vermögenszentrum betreibt eine Extra-Abteilung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transmenschen. Dabei geht es auch um Diskretion.
Die Reisebranche hat die Mitglieder der LGBT-Community (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) schon lange entdeckt. Viele Hotels, Fluglinien oder Reisebüros haben Angebote, die speziell auf diese Zielgruppe abgestimmt sind.
Jetzt zieht die Finanzindustrie nach. Ein Beispiel ist das VZ Vermögenszentrum, das Filialen über die ganze Schweiz verteilt betreibt. Das Institut verfügt über eine eigene LGBT-Abteilung in Zürich, die «Finanzberatung für homosexuelle Paare und Singles» anbietet. Teamchef Jonas Schneider (35) hat die Abteilung ins Leben gerufen. Er ist selbst homosexuell und sagt: «Seit es in der Schweiz die eingetragene Partnerschaft gibt, sind Schwule und Lesben mit zahlreichen rechtlichen und finanziellen Fragen konfrontiert.»
Nicht-Geoutete scheuen sich oft
Die Nachfrage ist laut Schneider gross. «Viele LGBT-Kunden nehmen sogar eine lange Anreise auf sich, um sich in Zürich von unseren Spezialisten beraten zu lassen», sagt er im Gespräch mit 20 Minuten. Dabei geht es laut dem VZ auch um Diskretion: Vor allem ältere homosexuelle Kundinnen und Kunden sind manchmal nicht geoutet und scheuen sich deshalb, bei der Hausbank ihre spezifischen Fragen zu stellen.
Nun soll die LGBT-Abteilung, die derzeit drei Angestellte umfasst, vergrössert werden: Das VZ sucht per Stelleninserat Verstärkung. Dass die neuen Mitarbeitenden selbst lesbisch, schwul, bisexuell oder trans sind, ist dabei keine Voraussetzung – «aber begrüssenswert», wie Teamchef Schneider sagt. Der Vorteil sei, dass man dann eine gemeinsame Sprache mit den Kunden spreche. So gebe es beispielsweise viele schwule Klienten, die sich einen schwulen Berater wünschen. «Schliesslich kann man nie abschliessend wissen, welche Haltung der Gesprächspartner gegenüber den Mitgliedern der LGBT-Community vertritt.»
In der Beratung beim VZ geht es hauptsächlich um Fragen rund um das Thema eingetragene Partnerschaft und die finanziellen Folgen, etwa die Steuern. Auch Vorsorge und der Nachlass sind oft genannte Anliegen. Vielen LGBT-Kunden ist es laut Schneider wichtig, sich gegenseitig finanziell abzusichern. «In der Schweiz sind diese Themen immer noch unter den Aspekten des traditionellen Familienmodells geregelt», erklärt Schneider. Wenn man nicht Teil davon sei, falle man rasch durch die Maschen des Systems.
Folgen weitere Banken?
Das VZ könnte mit seinem LGBT-Angebot zum Trendsetter werden, schreibt das Finanzportal Finews. Zumindest die Grossbanken UBS und Credit Suisse betreiben aber noch keine speziell auf die Schwule, Lesben oder Transmenschen ausgerichteten Abteilungen.
Sind Sie lesbisch, schwul oder trans und machen im Banking Karriere? Erzählen Sie uns Ihre Geschichte.

Frau Lanthemann*, braucht es überhaupt Finanzberater extra für LGBT-Kunden?
Ein solches Angebot ist sicher legitim. Es gibt viele rechtliche und finanzielle Fragen, die sich speziell die LGBT-Community stellt – beispielsweise die steuerliche Situation in einer eingetragenen Partnerschaft. In mir persönlich wecken solche Angebote aber gemischte Gefühle.
Warum?
Ich habe es einfach nicht so gern, wenn man als lesbische Frau, schwuler Mann oder Transmensch katalogisiert wird. Ausserdem stehen solche Beratungsangebote nur einem kleinen Teil unserer Community offen.
Welchem denn?
Dem wohlhabenden Teil. Darunter fallen vor allem schwule Männer in einer Partnerschaft, die zwei Einkommen und keine Kinder haben. Sie haben oft viel Vermögen und sind darum für Banken interessant.
Und was ist mit den lesbischen Frauen?
Sie sind als Kunden weniger lukrativ. Frauen verdienen immer noch weniger als Männer. Da sind lesbische Frauen keine Ausnahme. Und wenn ein lesbisches Paar Kinder hat, lebt es nach wie vor nach dem traditionellen Familienmodell – sprich, eine Frau bleibt zu Hause bei den Kindern. Viel Vermögen kommt da nicht zusammen. (vb)
*Barbara Lanthemann ist Geschäftsführerin der Lesbenorganisation Schweiz