Beim Shopping kommen religiöse Gefühle auf

Aktualisiert

Die Konsum-ReligionBeim Shopping kommen religiöse Gefühle auf

Shopping ist scheinbar nichts anderes als Religion: Bei beidem werden die gleichen Hirnregionen stimuliert.

Alex Hämmerli
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Alex Hämmerli

^Damit bekommt der Begriff Shopping-Tempel eine ganz neue Bedeutung. Je erfolgreicher eine Marke ist, desto intensiver stimuliert sie im Hirn bestimmte Areale – und zwar jene, die beim Anblick reli­giöser Bilder aktiv werden. Das hat der dänische Markenbe­rater Martin Lindstrom in einer aufwendigen Studie heraus­gefunden: 2000 Probanden hat er dazu einem Gehirn-Scan unterzogen.

Lindstroms Kunden aus der Shoppingindustrie haben grosses Interesse an den Erkenntnissen – schliesslich geht es um nichts weniger als die Wurzel aller Konsumentscheidungen. 7 Millionen Dollar hat die Studie gekostet; bezahlt haben Firmen rund um den Globus, darunter McDonald's und Porsche.

«Ökonomisch gesehen ist Lindstroms Erkenntnis faszinierend», sagt Christian Fichter, Wirtschaftspsychologe bei Kalaidos Research. Laut Fichter setzen immer mehr Geschäfte auf das Unterbewusstsein: «Mittlerweile versuchen zwei von drei Shoppingcentern und Detailhändlern gezielt, ihre Kundschaft mit dem Bauchgefühl zum Konsumieren zu verleiten.» Dabei setzen die Geschäfte insbesondere auf Düfte, Musik und eine spezielle Architektur. Schon länger sei zudem bekannt, dass Einkaufen eng mit fanatischen Gefühlen verbunden sei, die bis zur Sucht führen können. Trotzdem warnt Fichter davor, Shoppen mit Religion gleichzustellen. «Nur weil im Hirnscanner dieselbe Region aufleuchtet, heisst das noch lange nicht, dass es sich um die gleichen Aktivitäten handelt. Die meisten Hirnareale kommen nämlich bei den verschiedensten Tätigkeiten zum Einsatz.»

Warnung animiert zum Rauchen

Die Shoppingstudie des Markenberaters Martin Lindstrom besagt nicht nur, dass Einkaufen das Hirn gleich stimuliert wie die Religion. Ein weiteres, überraschendes Ergebnis: Das Suchtzentrum im Hirn wird aktiv, wenn wir Gefahrhinweise sehen. Warn-­Etiketten bei Zigaretten – wie «Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs» – bewirken demnach keinen Abscheu vor dem Glimmstängel. Im Gegenteil: Sie regen sogar zum Rauchen an.

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