«Public Eye Award» an BKWBlossgestellt und geläutert
2009 erhielt der Berner Stromproduzent BKW den Schmähpreis «Public Eye Award» wegen einer Beteiligung an einem deutschen Kohlekraftwerk. Nun ist das Projekt beerdigt worden. «Kein direkter Zusammenhang» sagt die BKW. «Ein schöner Erfolg», nehmen die Initianten von «Public Eye» für sich in Anspruch.
Vor Jahresfrist kam die BKW zu zweifelhafter Ehre: Am Rande des WEF in Davos erhielt der Stromproduzent den «Public Eye Swiss Award» wegen einer beabsichtigten Beteiligung am Bauprojekt eines klimaschädlichen Kohlekraftwerks im niedersächsischen Dörpen. Der Schmähpreis wird alljährlich von den Nichtregierungsorganisationen (NGO) an die «unsozialsten und umweltschädlichsten Unternehmen des Jahres» verliehen, wie es auf der Website heisst.
Partner wollt nicht mehr
Die BKW sieht keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Schmähpreis und dem Projektstopp. «Die Opposition, der politische Druck war vorher schon da», sagte BKW-Sprecher Sebastian Vogler auf Anfrage. Das habe auch die Generalversammlung 2009 gezeigt, wo Vertreter von Greenpeace und eine Initiantin der Projektgegner aus Niedersachsen das Wort ergriffen hätten. Zu spüren gewesen sei der Gegenwind auch in den Leserbriefspalten der Zeitungen.
Dies habe aber keine direkte Rolle gespielt für den Projektabbruch, sagte Vogler weiter. Grund sei der Ausstieg des in Dörpen ansässigen Unternehmens Nordland Papier, wie der BKW-Sprecher weiter ausführt. Dass dies zumindest indirekt aufgrund öffentlichen Widerstands erfolgte, stellt der BKW-Sprecher indes nicht in Abrede.
Kleiner Mosaikstein
Oliver Classen, Sprecher der «Public Eye»-Gründerin Erklärung von Bern, wertet das Aus für das Kohlekraftwerk als «schönen Erfolg» für die konzernkritische Davoser Plattform. «Den 'Public Eye Swiss Award 2009' werten wir als wichtigen, öffentlichkeitswirksamen Mosaikstein, der zum Projektstopp beigetragen hat.» Grundlage des Erfolgs sei aber der lokale Widerstand, der sich in Dörpen seit Jahren gebildet habe, so der EvB-Sprecher.
Die Verleihung des «Public Eye Swiss Award» an die BKW sei exemplarisch gewesen, um die Öffentlichkeit für das Thema CO2-Export zu sensibilisieren und einen Hauptakteur an den Pranger zu stellen. Denn das deutsche Projekt der BKW sei ein besonders krasser Fall gewesen, wie ein Schweizer Unternehmen im Ausland die Umwelt verschmutze und damit Profit mache. Dass Dörpen nun tatsächlich gestoppt wurde, sei ein Glücksfall für die Dörpener, aber auch fürs Public Eye, so Classen weiter.
Halbherziger Rückzug
Nach dem Ende des Dörpener Projekts kann man davon ausgehen, dass sich die BKW nicht weiter für Kohlekraftwerke im In- oder Ausland engagiert. Verwaltungsratspräsident Fritz Kilchenmann sagte an der letzten Generalversammlung im April dieses Jahres, die BKW suche keine neuen fossil-thermischen Kraftwerkprojekte. So sei auch in Deutschland kein neues Kohle- oder Gaskraftwerk projektiert, führt BKW-Sprecher Vogler aus. Stattdessen setzt man auf die Windenergie. Jüngst vermeldete die BKW die Eröffnung einer Windkraftanlage in Landkern (Rheinland-Pfalz) mit acht Megawatt Leistung. «Natürlich kann mit vier Windrädern kein Kohlekraftwerk ersetzt werden», meint Vogler dazu.
Die neue BKW-Strategie gilt aber nicht für bereits begonnene Projekte. «Sich in Planung befindliche Projekte werden konsequent weiterverfolgt», sagt die BKW. Und darunter befinden sich – neben dem geplanten Ausbau des KKW Mühleberg – nicht nur umweltverträgliche. So ist im deutschen Wilhelmshaven ein Steinkohlekraftwerk im Bau, an dem die BKW mit 33 Prozent beteiligt ist. Die Anlage mit 240 Megawatt Leistung soll 2012 ans Netz gehen. Weiter engagiert sich die BKW auch in Italien, mit einer 25-Prozent-Beteiligung an 2008 eröffneten Gas- und Dampf-Kraftwerk mit 800 Megawatt Leistung in Livorno. Ausserdem befinden sich laut BKW zwei weitere Kohlekraftwerke im Projekt-Frühstadium; daneben aber auch umweltschonende Windkraft- und Biomasse-Kraftwerke.
«Public Eye Award»
Am 27. Januar verleihen NGOs am World Economic Forum in Davos wiederum vier Schmähpreise für die «unsozialsten und umweltschädlichsten Unternehmen des Jahres». Drei davon in den Kategorien «Global», «Swiss» und «Greenwash» werden von einer Fachjury vergeben. Den Gewinner des «Peoples Award» wählt das Publikum in Internet. Die Abstimmung läuft vom 14. bis 26. Januar. Bis dahin läuft eine Teaserkampagne.