Darum sind Beamte so anfällig für Korruption

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BereicherungDarum sind Beamte so anfällig für Korruption

Die jüngste SBB-Bestechungsaffäre zeigt: Auch im staatsnahen Betrieb gibt es Mauscheleien. Experten sagen warum.

D. Benz
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D. Benz
Immer wieder wird der Bund von Korruptionsaffären erschüttert.
Jüngster Fall: Ein SBB-Angestellter hat sich jahrelang selbst Aufträge zugeschanzt. Unter dem Strich kassierte er Leistungen von über zwei Millionen Franken.
2012 sorgten etwa die Klüngeleien rund um die Vergabe von Aufträgen beim IT-Projekt Insieme der Steuerverwaltung für Schlagzeilen. Das Desaster kostete den Bund 100 Millionen Franken und landete in Bellinzona vor dem Richter.
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Immer wieder wird der Bund von Korruptionsaffären erschüttert.

Keystone/Anthony Anex

Ein Angestellter der staatsnahen SBB hat sich jahrelang Aufträge zugeschanzt. Unter dem Strich kassierte er Leistungen von über zwei Millionen Franken, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete. «Das Beschaffungswesen ist besonders anfällig für Korruption», sagt Martin Hilti, Geschäftsführer von Transparency International Schweiz, zu 20 Minuten. Denn hier gehe es oftmals um viel Geld.

Tatsächlich ziehen sich Korruptionsskandale wie ein roter Faden durch den Staatsapparat: 2012 sorgten etwa die Klüngeleien rund um die Vergabe von Aufträgen beim IT-Projekt Insieme der Steuerverwaltung für Schlagzeilen. Das Desaster kostete den Bund 100 Millionen Franken. Anfang 2014 flog die IT-Affäre im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) auf. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass die Zentrale Ausgleichskasse in Genf systematisch Informatikaufträge widerrechtlich vergeben hatte.

Missbrauch der Macht

Dass so viele Beamte in den Korruptionssumpf geraten, hat laut Martin Hilti mit der Macht von einzelnen Staatsangestellten zu tun: «Korruption ist per Definition der Missbrauch einer anvertrauten Machtstellung zugunsten eines privaten Nutzens.» Gerade Beamte hätten zuweilen viel Macht. Allerdings hätten diese auch viele Manager in der Privatwirtschaft. «Korruption kommt überall vor und ist nicht ein spezifisches Problem des Staats», so Hilti.

Im Gegensatz zum privaten Bereich hat aber Korruption beim Staat eine weitere Dimension: «Das Vertrauen in den Staat leidet», sagt Hilti. Und dieses sei elementar für das Funktionieren von staatlichen Institutionen und letztlich der Demokratie. Fehlendes Vertrauen gefährde entsprechend das Gemeinwesen.

«Die Suche nach dem Kick»

Mit der Schwere der Korruptionsfälle wächst denn auch der Unmut der Steuerzahler. Kein Wunder: Laut dem «Forensic Fraud Barometer» des Wirtschaftsprüfers KPMG verursachten die aufgedeckten Mauscheleien von einzelnen Beamten im letzten Jahr einen Schaden von 159 Millionen Franken. Insgesamt belief sich der Schaden durch Wirtschaftskriminalität in der Schweiz auf 1,4 Milliarden Franken. Die am stärksten betroffene Gruppe sind private und institutionelle Investoren. Der Staat fuhr die zweithöchste Schadenssumme ein.

Obwohl Beamte im Schnitt einen Jahreslohn von rund 120'000 Franken erhalten und eine gesicherte Anstellung haben, lassen sich viele zur Bestechung verführen. «Nicht selten kann gerade ein guter Lohn und eine sichere Stelle zur Suche nach einem Kick verleiten», sagt Alexander Schuchter, Experte für Wirtschaftskriminalität an der Universität St. Gallen. Ein langweiliger Job könne daher das Verlangen nach mehr Risiko beflügeln. Das ist aber auch bei Jobs in privaten Firmen so. Grundsätzlich gelte aber: «Gelegenheit macht Diebe.»

Übermässige Kontrolle hilft nicht unbedingt

Um Korruption einzudämmen, sieht Schuchter die Lösung in der Aufklärung und Sensibilisierung für Risiken. Angestellte und Beamte sollten in der Lage sein, die Warnzeichen von Korruption möglichst schnell zu erkennen. Von einer Forderung nach noch mehr Kontrollinstanzen hält Schuchter nicht viel. «Zu viel Kontrolle kann das Gegenteil bewirken.» Das könne das Vertrauen in die Mitarbeiter untergraben und führe dazu, dass sie immer weniger mitdenken würden. Das dürfte nicht für weniger Korruptionsskandale sorgen, so Schuchter.

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