DigitalisierungDas Bargeld ist nicht totzukriegen
Der Hype um mobile Bezahlsysteme wie Apple Pay ebbt nicht ab. Jetzt sagen Experten: Alles bloss heisse Luft.

Bezahlen mit dem Smartphone ist die Zukunft? Nicht wenn es nach UBS-Experte Constantin Bregulla geht.
Seit der Vorstellung von Apple Pay ist Bezahlen via Smartphone ein Dauerthema. Auch Schweizer Unternehmen wie Swisscom, Migros oder PostFinance möchten damit Geld verdienen. Sie lancieren derzeit ihre eigenen Apps, die die Schweizer vom mobilen Bezahlen überzeugen sollen.
Zahlen wir also bald ganz ohne Bargeld? Nein, meint UBS-Experte Constantin Bregulla: «Die bargeldlose Gesellschaft ist und bleibt eine Illusion.» Auch im Jahr 2020 würden in der Schweiz noch schätzungsweise 40 Prozent aller Transaktionen mit Bargeld bezahlt werden, so der Kreditkarten-Fachmann. Jetzt sind es 60 Prozent. «Wer meint, dass das Portemonnaie bald durch das Handy ersetzt wird, der ist von einem anderen Planeten», stellte Bregulla klar.
Kontaktlos-Kreditkarten
Neben dem Bargeld werde sich also nicht das digitale Handy-Portemonnaie, sondern die Kontaktlos-Kreditkarte als alternative Bezahlmethode durchsetzen. Dabei spielt die NFC-Technologie (Near Field Communication) eine entscheidende Rolle. Bereits jetzt ist diese in die meisten gängigen Kreditkarten integriert. Sie ermöglicht einen einfachen Bezahlvorgang durch blosses Hinhalten der Karte ans Terminal. Bis spätestens 2020 sollten alle europäischen Bezahlterminals auf NFC-Technologie umgerüstet sein.
Der Wandel hin zur Digitalisierung soll im Bezahlbereich also relativ langsam vonstatten gehen. Die Kunden würden ihr Verhalten nur sehr ungern ändern, so Bregulla. Niemand ändere gern seine Gewohnheiten oder seine Alltagsroutine.
Nur mit Mehrwert
ZHAW-Bezahlexperte Sandro Graf teilt die Einschätzungen Bregullas: «Der Anteil an Bargeldzahlungen wird kontinuierlich zurückgehen. Sie werden aber in den nächsten zehn Jahren nicht ganz verschwinden.» Umgekehrt werde sich das kontaktlose Bezahlen mit der Kreditkarte klar durchsetzen. «Schon in drei Jahren ist es der Standard», zeigt sich der Experte überzeugt.
Für die digitalen Geldbeutel gelte hingegen: «Lösungen, die sich nur auf das Bezahlen konzentrieren und keine anderen Mehrwerte bieten, haben es schwer.» Mehrwerte wären zum Beispiel die Integration von Punktesammelkarten wie Cumulus oder Supercard.
Weltweite Verschmelzung
Etwas optimistischer im Bezug auf die digitalen Portemonnaies ist der Finanzunternehmer und Fintech-Investor Marc P. Bernegger. Er glaubt an die weltweite Verschmelzung diverser Zahlungsmöglichkeiten, die heute oft unabhängig und getrennt voneinander abgewickelt werden.
«Der Durchbruch geschieht dann, wenn die ersten grossen Handelsketten eigene Digital Wallets implementieren», so der Finanzexperte. In den USA sei Starbucks ein Beispiel für ein Unternehmen, das diesen Weg bereits eingeschlagen habe. Welcher Anbieter sich bei den digitalen Portemonnaies schliesslich durchsetzen werde, sei aber noch nicht vorherzusehen.