Das lange Warten auf die Bilderberger

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GeheimtreffenDas lange Warten auf die Bilderberger

Aktivisten aus aller Welt sind ins Engadin gereist, um den Bilderberg-Zirkel ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren. Kein einfaches Unterfangen.

Sandro Spaeth
St. Moritz
von
Sandro Spaeth
St. Moritz

Der Auftakt zur Bilderberg-Konferenz verzögert sich. Über St. Moritz hängen die Wolken tief, was die Landung der Privatjets auf dem Flughafen Samedan verhindert. Und auch der grosse Aufmarsch der Luxuskarossen mit dunklen Scheiben ist bisher ausgeblieben. In Stellung gebracht haben sich aber die Aktivsten.

Einzelne Bilderberg-Kritiker sind bereits seit Anfang Woche in St. Moritz. Sie haben ein Pressezentrum eingerichtet und das Gelände ausgekundschaftet, um sich auf verschlungenen Pfaden ans Nobelhotel anzupirschen.

Im Auto statt im Luxushotel übernachten

Jeweils am frühen Morgen treffen sich die zumeist männlichen «Aufständischen» zu Lagebesprechungen. Wer überwacht den Flughafen? Wer die Zufahrtsstrassen? Und wer verhandelt mit der Polizei? «So gut wie in diesem Jahr war der Widerstand noch nie organisiert», sagt ein Bilderberg-Kritiker aus Slowenien, der bereits bei mehreren Treffen mit dabei war, zu 20 Minuten Online.

Während die Bilderberger gleich das ganze Belle-Epoque-Hotel ihr eigen nennen dürfen, logieren die Aktivisten so günstig wie möglich. Man schläft im Auto oder auf dem Campingplatz, trotz Regen und nächtlichen Temperaturen von höchstens ein paar Grad Celsius. Schon die Jugendherberge, die rund 50 Franken pro Nacht kostet, ist vielen Aktivisten zu teuer. Ein durchschnittliches Hotelzimmer kostet pro Nacht rund 200 Franken.

Studenten und Berufsaktivisten

Von überall sind die bisher rund 70 Aktivisten angereist: aus Spanien, Schweden, Slowenien Deutschland, Grossbritannien und der Schweiz. Viele von ihnen sind Studenten. Einige haben sich aber auch ganz dem «Kampf gegen die neue Weltordnung» verschrieben und arbeiten für einschlägige Blogs wie «We are Change» oder «Alles Schall und Rauch» - das ganze für Gottes Lohn.

Die Aktivisten glauben, dass hinter den verschlossenen Türen des Suvretta House eine Art geheime Weltregierung tage. Sie wittern Verschwörungen und erwarten, dass bald «Kriegsverbrecher» wie George Bush, Henry Kissinger oder Dick Cheney in St. Moritz eintreffen.

Demo auf dem St. Moritzer Dorfplatz

Um dies zu beweisen, stehen die Aktivisten seit dem Morgengrauen in Position, bewaffnet mit Fotoapparaten, Videokameras und Funkgeräten. Ihnen gegenüber steht ein grosses Aufgebot von Polizei in Kampfmontur. Die Ordnungskräfte haben das Gelände um das Nobelhotel am Suvretta-Hang zur Sperrzone erklärt. Überall rotweisse Absperrbänder, Kameras und Gitter. Fotos sind nur aus der Distanz erlaubt. Die Einfahrt zum Hotel ist mit Sichtschutzwänden verbarrikadiert - die Bilderberger scheuen die Öffentlichkeit.

Einen Erfolg sehen die Aktivisten im Umstand, dass die offizielle Presse immer mehr über die Bilderberg-Konferenz berichtete. Zudem sind Gegenveranstaltungen geplant. Am Freitagabend treten in einem Hotel nicht unweit des Suvretta House die SVP-Nationalräte Lukas Reimann und Primin Schwander auf. Tags darauf hat die Juso zu einer bewilligten Demo auf dem St. Moritzer Dorfplatz aufgerufen. «Die Leute müssen über die Presse die Wahrheit über die Bilderberger erfahren», sagte ein aus Bayern angereister Aktivist.

Vor Ort sind denn auch Vertreter von Regionalzeitungen, von Radio und Fernsehen und selbst deutsche und britische Medienvertreter schleichen ums Suvretta House. Sie alle haben dasselbe Problem: Worüber sollen sie berichten, wenn die Veranstaltung keinen offiziellen Teil hat und das Meeting eigentlich geheim ist?

Schweiz vor dem Ruin?

Aus Schweden angereist ist Torben Dammgaard. Sein spiritueller Namen ist Shanti Ritan, (Shanti für Frieden und Ritan für der Wahrheit folgend). Im Gespräch mit 20 Minuten Online sagt der 55-Jährige. «Meine Waffe ist meine Stimme». Der Schwede trägt einen langen Bart und Militärkleidung. Er sei ein Kämpfer für die Wahrheit.

Shanti Ritan warnt die Schweizer: In Griechenland habe das Bilderberg-Meeting 2009 stattgefunden und Athen sei ins finanzielle Desaster gestürzt. Dasselbe passierte später mit Spanien, wo die Konferenz 2010 statt fand. «Die Schweiz wird dasselbe Schicksal ereilen», führt der Schwede seine Theorie weiter aus.

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