Definitiv konspirativ

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Bilderberg kuriosDefinitiv konspirativ

Wer sich an der «Geheimkonferenz» im Suvretta House aufhält, ist mittlerweile bekannt. Weniger klar ist, wer im Wald rund ums Nobelhotel herumschleicht.

Sandro Spaeth
St. Moritz
von
Sandro Spaeth
St. Moritz

Während im Suvretta House die Bilderberger die Weltordnung diskutieren, herrscht rund um das Nobelhotel verwirrender Ausnahmezustand. Zwischen den Bäumen rund ums Belle-Epoque-Haus verstecken sich Menschen. Ob es sich dabei um Polizisten, Aktivisten oder Reporter handelt, ist oft unklar.

Zahlreich vertreten sind die Sicherheitskräfte. Viele davon gehören zur Bündner Sondereinheit Kristall. Sie haben aufgerüstet, seit zwei italienische Aktivisten versucht hatten, sich Zutritt zum Tagungs-Gelände zu verschaffen und sich dabei eine blutige Nase holten.

Jeder ein Aktivist?

Auch der 20-Minuten-Online-Reporter ist den Sondereinheiten nicht geheuer. Auf dem Heimweg ins Hotel der Journalisten, das oberhalb des Suvretta House liegt und ein Passage am Meeting-Gelände nötig macht, werde ich angehalten und von Männern in Kampfstiefeln zur Rede gestellt. Die Fotokamera macht mich nur noch verdächtiger.

«Ich bin Reporter», sage ich den drei Polizisten, was sie mir aber nicht wirklich glauben. Der Grund: Rund ums Suvretta House wimmelt es nur so von «Medienvertretern», da sich ein Grossteil der Aktivisten auch als Journalisten irgendwelcher Blogs bezeichnet. Also müssen Beweise her: Zum Glück reichen Ausweis, Visitenkarte und Hotelzimmerschlüssel aus. «Mit Polizeischutz» gehts zurück ins Hotel.

Der Kirchentrick

Derweil versuchen die Aktivisten alles, um sich so nahe wie möglich an die Mächtigen heran zu pirschen. Da behilft man sich schon mal der Religion, denn innerhalb der Sperrzone liegt eine Kirche. Drei Bilderberg-Kritiker wollen für eine friedliche Atmosphäre rund um die «Geheimkonferenz» beten, angeblich hatte ihnen ein Bischof zugesichert, der Weg zum Gotteshaus würde für Gläubige frei bleiben. Weit kommen die «Religiösen» aber nicht. Die Sondereinheit kennt keine Gnade.

Einige der jüngeren Aktivisten scheinen das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei zu geniessen. Endlich sind sie der «Bedrohung» mal ganz nah. Das «Problem» oder die «Wurzel des Übels» ist mit der Bilderberg-Konferenz konkret und nur einige Hundert Meter von ihnen entfernt. Vereinzelte scheinen von der Idee, dass im Suvretta House ein böses Spiel getrieben wird, beinahe besessen. «Alles Verschwörungstheoretiker?», frage ich. Die Aktivisten halten dagegen. Es gäbe für alles Beweise, man müsse sie nur erkennen.

Auch Du ein Journi?

Im allgemeinen Durcheinander zwischen Aktivisten und Journalisten halte ich später einen Mann, der die Demonstranten fotografiert für einen Mitarbeiter einer Bild- oder Nachrichtenagentur. «Von welcher Agentur bist Du denn?», frage ich. Von so was ähnlichem wie einer Agentur, antworte er. Dann entdecke ich im halb geöffneten Reissverschluss seiner Outdoorjacke einen Police-Badge, worauf ich schnell aufs höfliche Sie umstelle. Gesprächig ist der Mann auch dann nicht. Definitiv konspirativ.

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