Der Bundesrat verteuert die Hypotheken

Aktualisiert

Gegen ImmoblaseDer Bundesrat verteuert die Hypotheken

Schärfere Eigenmittelvorschriften für Banken, die Hypotheken vergeben: Das will die Landesregierug, um die Immobilienblase zu verhindern. Die Finanzmarktaufsicht wollte zuwarten.

Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf und Finanzverwalter Serge Gaillard: Der Bundesrat verpflichtet die Banken bei Wohnhypotheken zu mehr Eigenmitteln.

Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf und Finanzverwalter Serge Gaillard: Der Bundesrat verpflichtet die Banken bei Wohnhypotheken zu mehr Eigenmitteln.

«Die Nationalbank und der Bundesrat haben mit Besorgnis die Entwicklung auf dem Wohnliegenschaftsmarkt und dem Immobilienmarkt beobachtet», sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. Bereits umgesetzte Massnahmen, darunter das von Hypothekarschuldnern mindestens verlangte Eigenkapital, hätten nicht ausreichend Wirkung gezeigt.

Die Nationalbank habe deshalb beantragt, den antizyklischen Kapitalpuffer zu aktivieren. Das bedeutet, dass die Banken für immobiliengesicherte Hypothekten über die ohnehin geforderten Eigenmittel hinaus 1 Prozent zusätzliches Kapital zurücklegen müssen.

Finma hätte noch warten wollen

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma hätte mit dem Aktivieren des Kapitalpuffers noch zuwarten wollen, wie sie schrieb. Sie hätte lieber erst die Wirkung der bisherigen Massnahmen abgewartet. So hatte sie es der Nationalbank empfohlen.

Viele Banken hätten bereits Reserven gebildet, sagte Widmer-Schlumpf. Nach ihren Angaben sind 15 bis 25 Prozent des ganzen Hypothekarvolumens von der Massnahme betroffen. Dieses belief sich Ende 2011 auf 797,8 Milliarden Franken. Der gesamte Puffer hat ein Volumen von rund 3 Milliarden Franken, wie Serge Gaillard, Direktor der Eidg. Finanzverwaltung, vor den Medien sagte.

Massvolle Massnahme

Widmer-Schlumpf sprach von einer «massvollen» Massnahme. Gemäss Eigenmittelverordnung hätte der Bundesrat die Möglichkeit, bis zu 2,5 Prozent zusätzliche Eigenmittel zu verlangen. «Damit will man die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors stärken, man will frühzeitig entgegenwirken, dass es zu einer Blase kommen kann», sagte die Finanzministerin.

Der Hauseigentümerverband (HEV) fürchtet aber, dass unter dem erhöhten Kapitalpuffer alle Haushalte und auch Gebiete ohne überhitzten Immobilienmarkt zu leiden haben. «Mit dem Puffer verteuern sich die Hypotheken und damit die Wohnkosten für alle, letztlich auch die Mieter», sagte HEV-Direktor Ansgar Gmür der Nachrichtenagentur SDA.

HEV: «Vorschriften treffen alle»

Der Verband hält es «per se nicht für falsch», mit geeigneten Massnahmen auf sogenannte Schwellenhaushalte zu zielen, die ihr Eigenheim knapp finanziert haben. Die Vorschriften träfen jedoch auch besser gestellte Haushalte. «Nun kommen alle ins Schleudern», sagte Gmür.

Weniger skeptisch ist der Baumeisterverband. Er begrüsse den bundesrätlichen Schritt, sagte Verbands-Vizedirektor Martin A. Senn auf Anfrage. «Die moderate Massnahme von 1 Prozent finde ich im derzeit tatsächlich etwas überhitzten Immobilienmarkt sinnvoll.»

Immoblase in Zürich, Genf und St. Moritz

Anzeichen für eine Immobilienblase hatte die Branche in den letzten Monaten in den Regionen Zürich, Genfersee und St. Moritz geortet. «Die SNB ist der Auffassung, dass sich das Problem auch an anderen Orten zeigt, nicht nur in diesen Regionen», sagte Widmer-Schumpf.

«Immobilienkrisen stellen eines der grossen Stabilitätsrisiken dar», ergänzte Gaillard. Niemand als die Nationalbank sei besser dafür geeignet, diese Risiken einzuschätzen. «Wir müssten schon gewichtige Gründe haben, um von den Empfehlungen der Nationalbank abzuweichen», sagte Gaillard.

Banken warnen vor steigenden Risiken

Auch die Banken selbst haben teilweise auf steigende Risiken im Immo-Bereich hingewiesen. Gleichzeitig betont aber jedes Institut, es verfolge eine vorsichtige Kreditpolitik und habe so die Risiken im Griff.

Der Immobilienblasen-Index der UBS, der alle drei Monate veröffentlicht wird, zeigt steigende Risiken an. Dennoch hält die Bank die Lage nicht für akut gefährlich. Eine Immobilienkrise sei die «vielleicht nächste, oder eventuell die übernächste Phase», sagte UBS-Chefökonom Daniel Kalt im Januar.

Auch die Credit Suisse sieht trotz der anhaltend tiefen Zinsen und der hohen Nachfrage nach Hypotheken keine direkte Gefahr einer platzenden Immobilienblase. Letztmals hatte die Schweiz Anfang der 1990er Jahre einen Immobiliencrash erlebt. (sda)

SBB versteigert Wohnungen

An der Zürcher Europaallee gleich angrenzend an den Hauptbahnhof entstehen din einem 16-stöckigen Haus 46 Wohnungen. Wie der «TagesAnzeiger» am Mittwoch bereichtet, verkauft die Besitzerin SBB die Wohnungen an die Meistbietenden. Auf der Website der www.europaallee.ch werden lediglich die Mindestpreise aufgeführt. So ist die günstigste Wohnung (2,5 Zimmer) mit einem Minimalpreis von rund 1,3 Millionen Franken aufgeführt, die teuerste (4,5 Zimmer) mit rund 2,7 Millionen Franken. Die Mindestpreise für die exklusiven Penthouse-Wohnungen in den obersten Stockwecken gibt es nur auf Anfrage.

Mit der Versteigerung betreten die SBB Neuland. Den Vorwurf, dass der Staatsbetrieb damit kräftig an der Preisspirale im von Überhitzung bedrohten Immo-Markt dreht, lassen die Bahnen nicht gelten: Es liege nicht im Interesse der Öffentlichkeit, dass die SBB Wohnungen unter dem Marktpreis verkaufe und der neue Besitzer das Appartement mit Gewinn weiterverkaufe. Zudem sei das Verfahren fair und transparent, hält ein SBB-Sprecher gegenüber dem «TagesAnzeiger» fest. Die Käufer scheinen sich aber nicht um die teuren SBB-Wohnung zu reissen. Erst bei drei Wohnungen steht der Vermerk «reserviert». (sas)

Banken warnen vor steigenden Risiken

Bei der Einschätzung des Immobilienmarktes weisen die Banken zum Teil selber auf steigende Risiken hin. Gleichzeitig betont jedes Institut, es verfolge eine vorsichtige Kreditpolitik und habe die Risiken im Griff. Der Immobilienblasen-Index der UBS, der alle drei Monate veröffentlicht wird, zeigt steigende Risiken an.

Auch die Credit Suisse sieht trotz der anhaltend tiefen Zinsen und der hohen Nachfrage nach Hypotheken keine direkte Gefahr eines Immobiliencrashs. Die Banken begründen das Wachstum unter anderem mit der ungebrochen starken Zuwanderung in die Schweiz. Immobilienkäufe nur zur Spekulation gebe es wenig.

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