Der Croc stellt die Profis in den Schatten

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Trading-ComputerDer Croc stellt die Profis in den Schatten

Vergessen Sie Warren Buffett und Co.: Der Croc ist ein Computersystem, das punktgenau voraussagen kann, was an den Börsen passiert. Gegenüber Menschen hat er einen entscheidenden Vorteil.

Yves Hollenstein
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Yves Hollenstein

André Tiedje ist ein Vollblut-Trader. Von Montagmorgen um 7 Uhr bis Freitagabend um 22 Uhr interessiert ihn vor allem eines: die Börsenkurse weltweit. Auch am Wochenende sitzt der Deutsche oft vor dem Computer und bereitet die kommende Handelswoche vor. «Ich versuche, mir am Tag die nötigen Pausen zu gönnen. Das gelingt mir aber nicht immer gleich gut», gibt er offen zu.

Tiedje ist aber nicht einfach irgendein besessener Trader, sondern durchaus erfolgreich. Er gilt mittlerweile als Europas bekanntester Analyst der Elliot-Wellen-Theorie (siehe Box). 1999 wurde er nach eigenen Angaben «in den Markt gespült». Und er musste Lehrgeld bezahlen – «viel Lehrgeld», wie er sagt. Zwei Wertschriftendepots habe er aufgrund seiner Anfängerfehler komplett zerstört.

2700 Prozent Performance

Erst als er zur Elliot-Wellen-Theorie kam, gelang es Tiedje erfolgreich anzulegen. Seit 2009 leitet er beim deutschen Finanzportal Godmode Trader einen Tradingservice – und dieser weist mittlerweile einen Gewinn von über 2700 Prozent aus. Und eigentlich wären seine intensiven Kursanalysen gar nicht mehr nötig, denn Tiedje hat ein Computersystem entwickelt, das ihm die Analysearbeit vollends abnimmt: den Crocomichi-Trader, kurz Croc genannt.

Mittels farbiger Punkte zeigt der Croc in Echtzeit und punktgenau an, wann Wendepunkte bei den Aktienkursen erfolgen. Der Trader weiss also, wann er eine Aktie kaufen oder verkaufen soll (siehe Bildergalerie). «Da ist mir was Grosses gelungen», sagt Tiedje denn auch selbstbewusst.

Nicht glauben, was man sieht

Tiedje glaubt nicht, dass der Croc besser handelt als ein Mensch. Aber er habe einen entscheidenden Vorteil: Im Gegensatz zum Menschen agiere er völlig emotionslos. Denn die grösste Krux im Trading liegt laut Tiedje darin, «dass man oft nicht glaubt, was man sieht».

Ein Beispiel: Ein Trader hat ein Tief erwischt und liegt im Gewinn. Weil er aber nun seiner eigenen Analyse nicht mehr traut und zu zweifeln beginnt, verkauft er. Viel zu früh, wie sich im Nachhinein herausstellt. Und da setzt der Croc an. Dieser hält bis zum Ende des Anstiegs durch – als rational denkender Mensch wäre man schon lange ausgestiegen. «Ich wundere mich manchmal selber, dass das so gut funktioniert», sagt Tiedje.

Kein Verkauf geplant

Dass Tiedje immer noch selber analysiert, statt ganz auf sein System zu vertrauen, rechtfertigt er mit pesönlichem Interesse und Verbesserungsarbeiten. Denn auch nach zwölf Jahren Entwicklungsarbeit sei der Croc noch immer nicht fertig. «Es gibt noch vieles zu optimieren und zu verfeinern – vor allem im optischen Bereich», sagt Tiedje. Der Croc sei noch viel zu unübersichtlich.

Zur Verfügung stellt Tiedje den Croc ausschliesslich den Abonnenten seines Tradingsservices. Ein Verkauf komme für ihn nicht infrage, denn: «Ich habe nun gegenüber der Börse einen Vorsprung – diesen möchte ich nicht verlieren.»

Das Elliot-Wellen-Prinzip

In den späten 1920er-Jahren entdeckte der Amerikaner Ralph Nelson Elliott, dass die Entwicklung der Finanzmärkte nicht chaotisch ist, sondern sich diese Märkte in bestimmten Zyklen bewegen, die von Emotionen beziehungsweise von massenpsychologischen Effekten, den menschlichen Aktionen, abhängen. Elliot fand im Laufe der Jahre heraus, dass sich die massenpsychologischen Vorgänge in immer wiederkehrenden Mustern, wie Ebbe und Flut, wiederholen. Diese lassen sich in sogenannte Wellen unterteilen, worauf die Elliot-Wellen-Theorie basiert. (hoy)

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