Deutscher Zoll verweigert Ausfuhrstempel

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Online-ShoppingDeutscher Zoll verweigert Ausfuhrstempel

Schnäppchenjägern aus der Schweiz werden keine Dokumente mehr abgestempelt, wenn diese ihre Waren im Internet bestellt haben. Damit ist Schluss mit dem Spar-Kniff.

S. Spaeth
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S. Spaeth

Von diesem Trick haben in den Grenzregionen Tausende profitiert: Weil viele Firmen über ihre günstigen deutschen Online-Shops keine Schweizer Kunden beliefern, legt man sich als Schweizer eine deutsche Lieferadresse zu. Auf Paketlieferungen spezialisierte Firmen nehmen dabei gegen Entgelt die Post entgegen und benachrichtigen den in der Schweiz lebenden Besteller. Dieser profitiert gleich doppelt. Erstens vom günstigen deutschen Preis, zweitens von der Möglichkeit der Mehrwertsteuer-Rückerstattung. Letzteres funktioniert über auf Steuer-Handling spezialisierte Firmen oder nach einer Vereinbarung mit dem Verkäufer. Dabei geht der Schweizer Käufer mit der Originalrechnung zum deutschen Zoll, lässt sie abstempeln und sendet die Rechnung zurück an den Absender, worauf dieser den Mehrwertsteuerbetrag in die Schweiz überweist.

Diesem Vorgehen hat der deutsche Zoll nun aber den Riegel geschoben. «Die Beamten in Lörrach haben sich geweigert, meine Rechnungen abzustempeln», sagt Leser Christian B.* zu 20 Minuten. Die Zöllner hätten ihm gesagt, dass sie keine Papiere für im Internet bestellte Ware mehr stempeln würden. B. hatte bei einem Händler in Dresden Waren bestellt und sie sich an einen Lieferadressen-Service in Weil am Rhein senden lassen. Der Grund: Die hohen Post-Tarife für die Lieferung in die Schweiz, die Verzollungsgebühren der Post sowie die wegfallende Schweizer Mehrwertsteuer von 8 Prozent bei Sendungen bis 300 Franken.

Steuerbefreiung gilt für Händler

Auf Nachfrage von 20 Minuten räumt das Hauptzollamt Lörrach eine seit letztem Freitag gültige Praxisänderung im Bereich der «Inanspruchnahme einer Mehrwertsteuerbefreiung durch Internethändler in der EU» ein. Die für diesen Bereich zuständige Bundesfinanzdirektion Hamburg habe eine Regelung getroffen, nach deren Weisung alle Zollstellen zu verfahren hätten, so Mediensprecherin Antje Bendel.

Eine steuerfreie Ausfuhrlieferung gilt laut dem Hauptzollamt Lörrach nur für Lieferungen, die der Abnehmer im persönlichen Reiseverkehr ausführt. Eine sogenannte «Ausfuhr im persönlichen Reiseverkehr» setzt laut den Bestimmungen aber voraus, dass es sich um Geschäfte über den Ladentisch handelt und allein der Abnehmer die Beförderung des Liefergegenstands übernimmt. «Für Fälle des Internet-Versandhandels kommt keine Steuerbefreiung für den Händler in Betracht», so Bendel.

Wichtig ist der Sprecherin zu betonen, dass Steuerbefreiung immer nur der Händler in Anspruch nehmen kann. Dieser kann den Betrag als Rabatt an seine Kunden weitergeben, ist aber nicht verpflichtet.

Leiden die Zöllner unter Stempel-Stress?

Für 20-Minuten-Leser B., der seit Jahren über eine deutsche Lieferadresse Waren bestellte und von der Steuerbefreiung profitiert hatte, ist die Praxisänderung unverständlich. «Diese Mehrwertsteuer steht Deutschland nicht zu. Die Ware wurde aus dem Land ausgeführt», so die Überzeugung von B.

Und was ist der Grund für die Massnahme des deutschen Zolls? Kamen die Beamten nicht mehr nach mit Stempeln? Zuletzt waren die Schlangen vor den Schaltern zum Abstempeln der Ausfuhrbescheinigungen wegen der Tausenden Schweizer Einkaufstouristen stark angewachsen. Das Hauptzollamt Lörrach verneint, dass die Massnahme mit dem momentanen Arbeitsanfall zu tun hat. «Hintergrund ist die Rechtsunsicherheit, die bestand. Auf eine Regelung haben die Hauptzollämter schon vor mindestens zwei Jahren gedrängt», so Bendel. In den gesetzlichen Bestimmungen seien solche Besonderheiten nicht ausführlich geregelt gewesen.

*Name der Redaktion bekannt.

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