Wirtschafts-EMDie Russen sind die neuen Spanier
Ökonomen und Konjunkturforscher haben anhand von Ratings und Transferwerten die Chancen der EM-Teilnehmer berechnet. Würden statt Fussballteams Firmen tschutten, gewänne Russland.

Deutschland ist besiegt: Spaniens Stürmer David Villa stemmt den Sieger-Pokal nach dem gewonnenen Finalspiel an der Euro 2008 in die Höhe.
Normalerweise machen die Ökonomen des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) Prognosen für die Wirtschaft. Sie ermitteln beispielsweise monatlich einen Rohstoffindex oder analysieren die Verfassung der deutschen Wirtschaft. Ähnlich ist das Gebiet der Prognostiker der Deka Bank. Sie entwickeln Szenarien für die verschiedenen Währungsräume oder versuchen die Entwicklung des Gold- und des Rohölpreises vorauszusagen.
Kurz vor der EM haben die Experten ihr Wissen statt für Eurobonds oder Konjunkturprognosen für die schönste Nebensache der Welt eingesetzt: Fussball! Die Prognose der Deka-Bank: Die Wahrscheinlichkeit einer Halbfinalteilnahme Deutschlands beträgt 63 Prozent, jene einer Finalteilnahme 39 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Elf von Jogi Löw sogar den Titel holt, beziffern die Deka-Leute auf 22 Prozent.
Der Topfavorit auf den Europameistertitel ist laut der Modellprognose Spanien. Die Iberer sind amtierender Welt- und Europameister. Für ihre Berechnungen haben die Deka-Experten ein sogenanntes Elo-Rating beigezogen, wie es für die Stärke von Schachspielern verwendet wird. Als Grundlage dazu dienten die Spiele der letzten vier EM-Endrunden. Demnach landet Deutschland bei der EM-Endrunde mindestens auf Platz drei. Sicher ist: Die Eurozone dürfte nach dem Turnier in Polen und der Ukraine etwas zu feiern haben. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 86 Prozent kommt der Sieger nämlich aus dem Euro-Kreis.
Wenn Superstar Ronaldo negativ wirkt
Ein anderes System angewendet haben die Ökonomen des HWWI. Sie haben die Wahrscheinlichkeit des Titelgewinns aus den Transferwerten und der Ausgeglichenheit des Kaders berechnet. Der Transferwert ist jener Faktor, der die individuellen Qualitäten der Akteure am besten zeigt. Obenauf schwingt Spanien mit einem Transferwert von 658 Millionen Euro. An zweiter Stelle kommt das deutsche Kader mit einem Wert von 459 Millionen Euro, am drittteuersten sind die Spieler Englands (398 Millionen).
Ein hoher Transferwert ist aber noch lange keine Garantie für Erfolg, denn die Stärke eines Teams ergibt sich nicht aus der Summe der Einzelqualitäten. Wichtig ist die Ausgeglichenheit des Kaders, weshalb die HWWI-Ökonomen für jedes Team eine Standartabweichung berechnet haben. Bei Portugal kommt ein erheblicher Teil der Transfersumme lediglich von Superstar Cristiano Ronaldo. Entsprechend unausgeglichen ist das Kader.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland den Titel holt, beziffern die HWWI-Experten auf 23,3 Prozent. Exakt denselben Wert erreicht Spanien. Dahinter folgen mit einer Wahrscheinlichkeit von 10,9 Prozent die Niederlande. Dem Europameister aus dem Jahr 2004, Griechenland, räumen die HWWI-Experten noch lediglich eine Titelchance von 1,3 Prozent ein.
VW vs. Volvo oder Gazprom vs. Shell
Sport mit Wirtschaftskennzahlen verknüpft hat die Zürcher Beratungsfirma Ziel. Sie hat das Fussballturnier mit den jeweils grössten Firmen der Teilnehmerländer simuliert, gemessen an den Einnahmen aus dem Jahr 2011. Für Spanien spielte die Bank Santander, für Holland der Ölriese Royal Dutch Shell und für Deutschland die Volkswagen Gruppe. Als Torgefährlichkeit für die Stürmer wurden in der Turnier-Simulation die Kennzahlen Ebit-Margen herangezogen, im Mittelfeld punktete man mit dem Umsatzwachstum und für die Stärke der Verteidigung zählte der Verschuldungsgrad.
Im Final standen laut den Ziel-Beratern Russland und Holland – oder eben Gazprom gegen Royal Dutch Shell. Das Resultat: Russland besiegte Holland nach einer spannenden Partie im Elfmeterschiessen.
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