Geldschmuggel über deutsche Grenze floriert

Aktualisiert

Viel Arbeit für ZollGeldschmuggel über deutsche Grenze floriert

Hunderte deutsche Steuerhinterzieher fliegen beim Bargeldschmuggel an der Grenze auf - trotz kreativer Methoden. Ihnen droht eine Busse von bis zu 25 Prozent des versteckten Vermögens.

Valeska Blank
von
Valeska Blank
Bei diesem Herrn wurden an der deutsch-schweizerischen Grenze in Lindau mehrere tausend Franken im Handschuhfach seines Autos entdeckt.

Bei diesem Herrn wurden an der deutsch-schweizerischen Grenze in Lindau mehrere tausend Franken im Handschuhfach seines Autos entdeckt.

Es ist der Rentner im Damenkorsett, an den sich Markus Ückert am lebhaftesten erinnert. «Der 72-jährige Mann hatte 150'000 Euro an seinem Körper versteckt, die er über die deutsch-schweizerische Grenze schmuggeln wollte», erzählt der Sprecher des Hauptzollamts Lörrach im Gespräch mit 20 Minuten. Nie vergessen wird Ückert zudem den Mann in der Inkontinenz-Windel. Auch er wollte sein Geld in der Schweiz gebunktertes Geld nach Hause bringen. In der Windel fanden die Lörracher Zöllner 140'000 Euro.

Für die Beamten an den Hauptzollämtern entlang deutsch-schweizerischen Grenze sind solche Entdeckungen keine Seltenheit. In Singen wurden im vergangenen Jahr 376 Fälle von Geldschmuggel gezählt. In Lörrach wurden 167 Delinquenten erwischt, in Ulm 44. Unter dem Strich belief sich der Wert des Bargelds, das heimlich über die Grenze geschafft hätte werden sollen, auf 20 Millionen Euro. Laut der «Aargauer Zeitung» gibt es auch 2013 schon Hunderte neuer Fälle.

Meistens sind es Steuersünder

Die EU verlangt, dass Bargeld von mehr als 10'000 Euro bei der Ein- oder Ausreise beim Zoll unaufgefordert gemeldet werden muss. Damit will sie Geldwäscherei und Terrorismus bekämpfen. Bei den Einreisenden, die beim Bargeldschmuggel an den deutsch-schweizerischen Grenzübergängen erwischt werden, handelt es sich jedoch nur selten um Geldwäscher oder Terroristen. Meistens sind es Steuersünder, heisst es bei den Hauptzollämtern.

Nach dem Scheitern des Steuerabkommens zwischen der Schweiz und Deutschland wollen sie offenbar ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Eine Zunahme beim Geldschmuggel beobachten die Beamten schon seit 2008. Damals wurde mit der medienwirksamen Verhaftung von Ex-Deutsche-Post-Chef Klaus Zumwinkel der Steuerstreit zwischen der Schweiz und Deutschland losgetreten.

Viele kommen ungeschoren davon

Die Zahl der Steuersünder, die beim Geldschmuggel auffliegen, ist aber nur ein «Tropfen auf dem heissen Stein», sagt Hagen Kohlmann, Sprecher des Hauptzollamts Ulm. Weil die Beamten nur stichprobenartig kontrollieren könnten, kämen die meisten ungeschoren davon. Unter den Tätern seien alle gesellschaftlichen Schichten vertreten: «Da gibt neben geschniegelten Geschäftsleuten und Unternehmern auch einfache Rentner und Hausfrauen», so Kohlmann.

Am häufigsten geschmuggelt werden Bargeldbeträge zwischen 15'000 und 40'000 Euro, dann und wann auch sechsstellige Beträge. Alle paar Jahre geht den Beamten ein richtig dicker Fisch ins Netz. Ückert vom Zollamt Lörrach erinnert sich an einen Schmuggelfall von einer Million Franken im vergangenen Jahr. In Singen stellten die Beamten im Jahr 2010 sogar einen zweistelligen Millionenbetrag sicher.

Happige Bussen drohen

Einmal geschnappt, müssen sich die Steuersünder auf eine happige Busse gefasst machen. Allein für den Bargeldschmuggel zahlen sie bis zu 25 Prozent der mitgeführten Barmittel. Eine ältere Frau musste 2012 über 200'000 Euro Busse hinblättern. Sie wollte am Zollamt Lörrach rund eine Million Euro undeklariert über die Grenze bringen.

Schlimmer als die Busse ist jedoch die Meldung, die der Zoll ans Finanzamt erstattet. «Neben den nachzuzahlenden Steuern fallen dann noch die Hinterziehungszinsen von 6 Prozent an und allenfalls ein Verspätungszuschlag bei unterlassener Steuererklärung», erklärt der deutsche Rechtsprofessor und Anwalt Thomas Koblenzer.

Schockstarre und Tränen

Kein Wunder also, dass die meisten Schmuggler ihre Tat aus einem ersten Impuls heraus abstreiten wollen. «Danach verfällt der Grossteil in eine Schockstarre, manchmal gibt es aber auch Tränen», sagt Kohlmann vom Zollamt Ulm.

Zeitweise gehen die Steuerhinterzieher übrigens so plump vor, dass sie sich nicht wundern müssen, wenn sie ertappt werden. «In einem Fall hatte ein Mann von den Geldscheinen ausgebeulte Hosentaschen», erzählt Zollamt-Sprecher Ückert, «in einem anderen flog ein Schmuggler durch seinen seltsamen Gang auf, weil er Goldbarren in den Schuhen hatte.»

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