Bilderberg-KonferenzHeute trifft sich die «geheime Weltregierung»
Wenn sich im Engadin die Welt-Elite zum Bilderberg-Meeting versammelt, wittern Verschwörungstheoretiker den nächsten Komplott.
- von
- Sandro Spaeth ,
- St. Moritz
Dieser Tage dürften so viele Privatjets auf dem Flughafen Samedan landen wie selten um diese Jahreszeit. Ansonsten kommen die Reichen und Mächtigen vor allem im Winter nach St. Moritz; zum Skifahren oder zum White Turf, dem Pferderennen. Doch diesmal trifft sich der Geldadel – ergänzt um Spitzenpolitiker, Notenbanker und Wirtschaftskapitäne – im St. Moritzer Luxushotel «Suvretta House» zur Bilderberg-Konferenz.
Um die seit 1954 jährlich stattfindende Tagung ranken sich etliche Mythen, denn Geheimniskrämerei ist bei der Veranstaltung Programm. Für die rund 130 handverlesenen Teilnehmer gilt die Omertà, die Pflicht des Schweigens. Ort und Datum des Klassentreffens werden nie offiziell bekanntgegeben und auch das St. Moritzer Luxushotel hat das «private Treffen», so nennen es Bündner Regierung und Gemeindebehörden, nie bestätigt.
Bilderberger machen Karriere
Das Klandestine des Treffens gibt Anlass zu Verschwörungstheorien. So soll der Bilderberg-Zirkel über zahlreiche Karrieren entschieden haben. Lionel Jospin nahm 1996 am Bilderberg-Treffen teil und wurde 1997 Premierminister Frankreichs. Ähnlich Tony Blair: Auch er wurde 1993 Bilderberger und stieg später zum britischen Premier auf. Ebenfalls Mitglied im erlauchten Kreis wurde 1991 Bill Clinton. Zwei Jahre später bestieg der den Thron des US-Präsidenten.
Ihre Finger mit im Spiel sollen die Bilderberger auch bei der Gründung des Euros gehabt haben. Die Treffen hätten geholfen, die Basis für die Einheitswährung zu legen, berichtete der Ehrenpräsident Etienne Davignon kürzlich im «Economist». Ein weniger harmloses Bild zeichnet der Autor Daniel Estulin in seinem Buch «Die wahre Geschichte der Bilderberger». Die Bilderberger sind laut dem Spanier nicht einfach ein Machtzentrum mit starkem Einfluss, sondern bilden die geheime Weltregierung. Er unterstellt dem Zirkel die Absicht, ein Unternehmen aufzubauen, das die Vorherrschaft über die Welt anstrebe.
Schuld an Öl- und Finanzkrise?
Verschwörungstheoretiker machen den «Club der Mächtigen» aber auch verantwortlich für eine ganze Reihe von Weltereignissen. So soll die Ölkrise von 1973 der Bilderberg-Konferenz entsprungen sein. Und am Treffen des Jahres 1989 gleisten die Bilderberger angeblich den nur wenige Monate später folgenden Mauerfall in Deutschland auf.
Was, wenn Kriege, Revolutionen und Finanzcrashs nicht einfach so geschehen, sondern die Weltgeschichte von der Machtelite bestimmt und manipuliert werden? Diese Frage stellt Andreas von Rétyi in seinem Buch «Bilderberger – das geheime Zentrum der Macht». Demnach wäre die Finanzkrise das Werk des ehemaligen US-Notenbankers Alan Greenspan und von US-Finanzminister Timothey Geithner; beides Bilderberger.
Zum «Club der geheimen Weltregierung» gehört auch der derzeit in New York wegen Vergewaltigungsvorwürfen unter Arrest stehende Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn. Strauss-Kahn galt als aussichtsreicher Kandidat für die französische Präsidentschaftswahl. Hat der Geheimzirkel ihn etwa fallen gelassen?
Bilderberg-Konferenz
Die Konferenz wurde zum ersten Mal im Mai 1954 auf Einladung von Prinz Bernhard der Niederlande im Hotel de Bilderberg in Oosterbeek veranstaltet. Von diesem ersten Tagungsort übernahm sie den Namen. Das Treffen entstand aus der Befürchtung, dass Westeuropa und Nordamerika angesichts der Bedrohung durch den kommunistischen Ostblock zu wenig eng zusammenarbeiten würden. Bilderberg-Konferenzen dauern in der Regel drei Tage . Es werden vor allem Probleme der Weltwirtschaft und der internationalen Beziehungen besprochen. Die Gespräche münden nicht in eine Abschlusserklärung und werden auch nicht im Wortlaut veröffentlicht. Die letztjährige Konferenz fand im spanischen Sitges südlich von Barcelona statt.