High Noon vor Steuerdeal mit Deutschland

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EinschätzungHigh Noon vor Steuerdeal mit Deutschland

Neue Front zur rechten Zeit: Die Mannheimer Ermittlungen gegen die UBS zielen auf das Steuerabkommen. Die Politik soll den Deal abschmettern. Der Entscheid fällt in zwei Wochen.

Lukas Hässig
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Lukas Hässig
Die Ermittlungen gegen die UBS geben den Gegnern des Schweiz-Deutschland-Deals Aufwind.

Die Ermittlungen gegen die UBS geben den Gegnern des Schweiz-Deutschland-Deals Aufwind.

UBS vs. Deutschland entwickelt sich zum Polit-Thriller. Die neuen Vorwürfe gegen die Bank, sie hätte bis vor kurzem aktiv mitgeholfen beim Steuerhinterziehen, werden Einfluss haben auf die Abstimmung über das Abgeltungsabkommen im deutschen Bundesrat.

Dort entscheidet sich in zwei Wochen, ob der Steuerdeal mit der Schweiz durchkommt. Die Sozialdemokraten, die mit dem Steuerthema nächstes Jahr bei der Kanzlerwahl punkten wollen, sind strikt dagegen.

Grosse UBS ist gefundenes Fressen

Timing und Stossrichtung der Vorwürfe sind gut gewählt. In diesen Tagen müssen sich die deutschen Abgeordneten entscheiden, ob sie lieber den Spatz in der Hand haben und ein paar Milliarden Abgeltung für das alte Schwarzgeld-Geschäft von der Schweiz erhalten. Oder ob sie auf die Taube auf dem Dach warten und mit Strafverfahren die Schweiz in die Knie zwingen wollen.

Die Ermittlungen gegen die UBS geben den Gegnern des Schweiz-Deutschland-Deals Aufwind. Die Bank ist auch in Deutschland gross, und sie hat eine Steuer-Vergangenheit. Insbesondere mit sogenannten Versicherungsmänteln verdiente die UBS wie andere Schweizer Banken und Versicherungen eine Zeitlang gutes Geld.

Von Singapur spricht schon niemand mehr

Nun geht es um den happigen Vorwurf, dass Mitarbeiter von UBS Deutschland bis vor wenigen Monaten deutschen Kunden geholfen hätten, nicht deklarierte Gelder an den Behörden vorbei auf ein anonymisiertes UBS-Konto in der Schweiz zu verschieben. Die Ermittler verweisen auf Dokumente, die sie bei Hausdurchsuchungen bei der UBS gefunden hätten. Die UBS betont, dass sie seit Jahren ausländische Steuervorschriften einhalten würde. Alle Mitarbeiter wüssten längst, was es geschlagen habe.

Wer Recht hat, wird das laufende Verfahren zeigen. Vor einiger Zeit gab es grosse Aufregung um vermeintliche deutsche «Abschleicher», deren Schwarzgelder von der UBS und anderen Schweizer Banken nach Singapur verschoben würden. Die Headlines über die Singapur-Story waren bald Schnee von gestern. Gut möglich, dass die deutschen Behörden damit versucht haben, die Stimmung gegen das Steuer-Abkommen mit Bern anzuheizen – gut möglich, wenn es bei der aktuellen UBS-Story um das gleiche Ziel geht.

USA hat es vorgemacht

Der Zweck heiligt die Mittel, würden die deutschen Behörden wohl argumentieren. Die Schweiz kennt das vom endlosen US-Steuerkonflikt her. Die Amerikaner bedrängten Schweizer Banker, die in US-Haft gerieten, so lange, bis sie alles gestanden – oder sogar noch etwas mehr.

Damit erhöhte die Supermacht den Druck auf die Schweiz. Der Erfolg gibt Uncle Sam Recht. Vom alten Bankgeheimnis ist so gut wie nichts mehr übrig. Am Ende könnte es sein, dass der Bundesrat jeglichen Widerstand aufgibt und praktisch alle Namen von US-Schwarzgeldsündern bis weit in die Vergangenheit zurück offenlegt.

Deutsche Gründlichkeit könnte nach hinten losgehen

Die Deutschen wählen mit den Daten-CD-Käufen und den Razzien bei den Niederlassungen der Schweizer Banken andere Methoden. Die Konsequenzen sind die gleichen. Auch Deutschland lässt die Muskeln spielen in der Überzeugung, dass die Eidgenossen zuletzt auf der ganzen Linie nachgeben würden.

Allerdings spielt die Zeit nicht unbedingt zugunsten von Deutschland. Die grossen Schweizer Banken wie die UBS haben intern auf Weissgeld-Verwaltung umgestellt für Marktregionen, die das verlangen – also in den «alten» Märkten USA und Europa.

Was ist besser: Vertrag oder Drohung?

Hinzu kommt, dass das Gefahrenpotenzial neuer CDs abnehmende Halbwertszeiten haben. Man hat sich an die Bad News gewöhnt und geht davon aus, dass die Banken am Ende einfach ihr Portemonnaie ein wenig weiter öffnen müssen, um sich freizukaufen. Das dürfte zuletzt auch im Fall UBS vs. Deutschland der Fall sein. Letztes Jahr hatten sich die Bank Bär und die Credit Suisse mit einer Millionenzahlung aus der deutschen Bedrängnis befreit.

Schliesslich fragt sich, was aus deutscher Sicht besser ist: ein Abgeltungsvertrag oder eine anhaltende Drohung mit dem Strafrecht für die eigenen Steuersünder. Leistungsbereite Deutsche könnten dem Land den Rücken kehren. Dann würde der Schuss nach hinten losgehen.

«Todesstoss für das Abkommen»

Der Finanzminister von Baden-Württemberg, Nils Schmid (SPD), sagte am Donnerstag: «Alles, was das Vertrauen in die Schweizer Banken untergräbt, versetzt dem Abkommen in dieser Form den Todesstoss.» Falls die Medienberichte zuträfen, wäre «die sogenannte Weissgeldstrategie der Schweiz eine Fata Morgana».

Auch der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter- Borjans (SPD) sieht angesichts der Ermittlungen gegen die UBS seine kritische Haltung gegenüber den Schweizer Banken bestätigt.

Sollte der Verdacht der Mannheimer Staatsanwaltschaft zutreffen, wäre dies ein «eindeutiger Beleg» dafür, dass die Banken «noch immer meilenweit entfernt sind von einer Weissgeldstrategie», sagte der SPD-Politiker am Donnerstag.

Stellvertretend für die von SPD und Grünen geführten Bundesländer bekräftigte der Finanzminister die Absicht, das umstrittene Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat geschlossen abzulehnen. «Wir fordern ein gerechtes Steuerabkommen, das Steuerhinterziehern keine Scheunentor-grossen Schlupflöcher bietet», sagte er. (SDA)

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