Kommentar in der «FT»Hildebrands Comeback als Meinungsmacher
Der geschasste Ex-SNB-Präsident ist im Olymp angelangt: Philipp Hildebrand schreibt in der «Financial Times» über Währungskriege. Sein Fall als Notenbanker lässt die Weltelite kalt.

«Es gibt kein solches Ding wie Währungskrieg», überschreibt Hildebrand seinen Aufsatz in der Wirtschaftszeitung «Financial Times».
Philipp Hildebrand ist für das kleine Helvetien ein Phänomen. Während andere gestürzte Superstars der Wirtschaft für immer in der Versenkung verschwinden, schwingt Hildebrand bereits ein Jahr nach seinem tiefen Fall wieder die grosse Keule, unter anderem als Meinungsmacher.
Bisheriger Höhepunkt seines fulminanten Comebacks ist ein Gastbeitrag in der aktuellen Ausgabe der renommierten «Financial Times». Der ehemalige Schweizer Nationalbankpräsident schreibt über die Frage, ob Grossmächte einen Währungskrieg vom Zaun gerissen hätten. «Es gibt kein solches Ding wie Währungskrieg», überschreibt Hildebrand seinen Aufsatz.
Zeitungsartikel beschleunigte Hildebrands Karriere
In dem Text zeigt sich exemplarisch, warum Hildebrand so steil die Karriereleiter hochgestiegen war: Hildebrand argumentiert einfach und verständlich über ein schwieriges Thema, verliert sich aber nie im Experten-Slang.
An rhetorischer Begabung und der Fähigkeit, Komplexes auf einen einfachen Nenner zu bringen, hat es Hildebrand noch nie gemangelt. Dass er einst den SNB-Chefs aufgefallen war, hatte ursprünglich auch mit einem Artikel zu tun, der in einer Schweizer Finanzzeitung erschienen war. Bis zu diesem Zeitpunkt war Hildebrand in der Heimat ein Niemand gewesen.
Amerika, England und selbst Japan hätten gute Gründe für ihre expansive Notenbankpolitik, behauptet Hildebrand in der «Financial Times». In den beiden erstgenannten Ländern gehe es um die Ankurbelung der dümpelnden Wirtschaft, was das Mandat der Notenbanken abdecke. Der japanische Fall liege anders, dort gehe es um ein Ende der Deflation und um die Rückkehr zu Inflation.
Ein Hoch auf Zentralbanker – Hildebrands neue Kunden
Geschickt erwähnt Hildebrand die eigene historische Entscheidung, den Franken an den Euro anzubinden. Der Ex-Notenbanker tut dies beiläufig und gleichzeitig wirkungsvoll. Quasi nebenbei erwähnt Hildebrand, dass er damals der Schweizerischen Nationalbank vorgestanden sei und dass die Notenbank ihren Anbindungsentscheid «vollständig innerhalb ihres Mandats» gefällt habe.
Zuletzt bricht Hildebrand eine Lanze für die Zentralbanken dieser Welt. Diese würden alles tun, was in ihrer Macht stünde, um die Probleme im eigenen Land in den Griff zu kriegen. «Für die Weltwirtschaft wäre es eine viel grössere Gefahr, wenn die Notenbanken in diesen internen Schlachten abseits stehen würden», kommt Hildebrand zum Schluss.
Dollar-Spekulationen der Hildebrands gehen vergessen
Für seine neue Arbeitgeberin, die amerikanische Vermögensverwalterin Blackrock, hat sich Hildebrands Verpflichtung bereits bezahlt gemacht. Die Zentralbanken sind wichtige Kunden des weltgrössten Vermögensverwalters. Wenn nun Hildebrand die Notenbanker in einem prominenten Zeitungsartikel lobt, kann seine Blackrock auf weitere lukrative Aufträge der Zentralbanken hoffen.
Auch in eigener Sache kann Hildebrand mit dem «Financial Times»-Auftritt punkten. Wer sich in der englischen Zeitung zu weltpolitischen Themen äussern darf, gehört zur Elite. Möglicherweise profitiert Hildebrand weiterhin von seiner einst engen Beziehung zu Gillian Tett, der stellvertretenden Chefin und einflussreichen Kolumnistin des Finanzblattes. Tett trat früher mit Hildebrand zusammen am Weltwirtschaftsforum in Davos auf.
Für die Mächtigen in Wirtschaft und Politik ist Hildebrands eigener dunkler Fleck längst vergessen. Die meisten, die in den Sitzen der Zentralbanken und Regierungen der grossen Länder herrschen, wissen wohl gar nicht mehr, dass Hildebrand und seine Frau vor noch nicht einmal zwei Jahren über eine persönliche Schwäche gestolpert waren. Sie hatten nicht nur mit Währungen «herumgespielt» - zu einem Zeitpunkt, als seine SNB die Anbindung an den Euro vorbereitete – Hildebrand rückte auch erst dann mit der ganzen Wahrheit heraus, als sich die Details nicht länger unter Verschluss halten liessen.