Was das Chaos in Italien für den Franken bedeutet

Aktualisiert

Verunsicherte MärkteWas das Chaos in Italien für den Franken bedeutet

Ist die Euro-Marke von 1.20 Franken jetzt unerreichbar? Und was heisst das für die Konsumenten? Die wichtigsten Antworten.

D. Benz
von
D. Benz
Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio (l.) und Lega-Chef Matteo Salvini sind mit ihrer Regierungsbildung überraschend gescheitert.
Ihr gemeinsamer Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, Giuseppe Conte (r.), gab am Sonntag nach nur vier Tagen den Regierungsauftrag an Staatspräsident Sergio Mattarella zurück.
Beide Parteien stimmen Neuwahlen zu. Fünf-Sterne-Chef Di Maio hat zudem angekündigt, er werde die Absetzung von Staatspräsident Sergio Mattarella (im Bild) verlangen.
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Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio (l.) und Lega-Chef Matteo Salvini sind mit ihrer Regierungsbildung überraschend gescheitert.

AFP/Tiziana Fabi

Noch Ende April schien der Frankenschock überwunden: Erstmals seit der Aufhebung des Mindestkurses knackte der Euro die Marke von 1.20 Franken. Doch seither schwächelt die Gemeinschaftswährung wieder. In den letzten zwei Wochen verlor der Euro erneut drastisch an Wert. Am Dienstag kostete ein Euro nicht einmal 1.15 Franken. Schuld an der Talfahrt sind die politischen Turbulenzen in Italien. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ist in Italien passiert?

Auch drei Monate nach den Wahlen hat Italien noch immer keine neue Regierung. Am Sonntag sind die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechtspopulistische Lega mit ihrer Regierungsbildung gescheitert. Der designierte Ministerpräsident Giuseppe Conte hat seinen Auftrag, eine euroskeptische Regierung zu bilden, zurückgegeben. Neuwahlen in den nächsten Monaten scheinen unausweichlich. Bis dahin wird Italien von einer Übergangsregierung geführt: Der Wirtschaftsexperte Carlo Cottarelli soll nun Italien aus der Krise führen.

Warum sind die Märkte in Alarmbereitschaft?

Die Anti-Euro-Rhetorik und die geplanten Mehrausgaben der beiden Parteien schreckten die Finanzmärkte auf. Die Allianz plante unter anderem höhere Sozialausgaben und Steuersenkungen. Zudem wollte sie den Deutschland- und Euro-Gegner Paolo Savona zum Wirtschafts- und Finanzminister machen. Er nennt die Gemeinschaftswährung einen «deutschen Käfig» und formulierte Pläne für einen Austritt Italiens aus dem Euro. Wegen Savona ist die Regierungsbildung auch gescheitert. Staatschef Sergio Mattarella akzeptierte ihn als Finanzminister nicht.

Wie reagieren die Märkte auf die Situation?

Italienische Staatsanleihen gerierten am Dienstag stark unter Druck. Der Euro schwächelte weiter. Und die europäischen Aktienmärkte gaben nach (Stand Dienstag mittag). Bis zu den Neuwahlen werde es nicht zu politischen Katastrophen kommen, hiess es zwar. Aber das Problem ist: Der Aufschub der Regierungsbildung verunsichert die Anleger. Und solche politischen Unsicherheiten sind Gift für die Märkte.

Warum ist Italien so wichtig?

Die Situation in Italien erinnert an die Staatsschuldenkrise in Griechenland. Doch Italien hat viel mehr Gewicht. Das Land ist die drittgrösste Volkswirtschaft in der Eurozone. Zudem sitzt der Staat auf einem riesigen Schuldenberg: Die Verschuldung liegt bei rund 130 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist nach Griechenland der zweithöchste Wert in Europa. Erlaubt sind 60 Prozent. Die Ausgaben- und Steuerkürzungspläne der gescheiterten Parteien hätten die Finanzlage Italiens dramatisch verschlechtert. Ratingagenturen warnten bereits vor einer Herabstufung der Bonität. Eine schlechtere Note würde die Kreditkosten Italiens verteuern. Im schlimmsten Fall hätte das einen Kollaps der Wirtschaft zur Folge – wie damals in Griechenland.

Profitiert der Konsument vom schwächeren Euro?

Mit der Euroschwäche erstarkt der Franken wieder. Das heisst: Das Einkaufen in Euro-Ländern ist wieder leicht günstiger. Der starke Franken hatte bereits in den letzten Jahren dem Einkaufstourismus im grenznahen Ausland einen Boom beschert. Auch Ferien werden günstiger: Wer zum Baden nach Italien reist, zahlt für die Pizza, das Hotel oder den Strandhut jetzt weniger. Weniger Freude am schwachen Euro haben allerdings die exportorientierten Schweizer Firmen. Ihre Produkte verteuern sich wieder für Abnehmer in der Eurozone. Das drückt auf die Wettbewerbsfähigkeit.

Wie geht es mit dem Franken weiter?

Das Chaos in Italien dürfte auch die kommenden Monate den Euro belasten. «Bei politischen Risiken in Europa wirkt der Franken als sicherer Hafen», sagt Devisenexperte Elias Hafner von der Zürcher Kantonalbank. Er sieht den Eurokurs aber mittelfristig bei 1.17 Franken. Das sei eine faire Bewertung. Setzen sich bei den Neuwahlen erneut euroskeptische Kräfte durch, könnte laut Hafner der Franken weiter erstarken.

Wird die SNB intervenieren?

Beim jetzigen Kurs dürfte die Schweizerische Nationalbank (SNB) noch keinen Grund sehen, um an den Devisenmärkten den Franken zu stützen. «Wenn der Euro aber Richtung 1.10 Franken geht, ist eine Intervention durch die SNB möglich», sagt Hafner. Andere Beobachter sehen die Grenze allerdings bereits bei 1.15 Franken.

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