Jetzt übernehmen die Kunden den Kundendienst

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OutsourcingJetzt übernehmen die Kunden den Kundendienst

Bei Brack.ch, Intersport und Sky sollen Kunden anderen Kunden helfen, die eine Frage haben. Das ist für die Firmen günstiger.

R. Knecht
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R. Knecht
Diese App macht Kunden zu Kundenberatern.
Der Onlinehändler Brack.ch und der Streaming-Anbieter Sky gehören zu den Firmen, die auf Guuru setzen.
Weitere Firmen werden in der App gelistet, etwa die Schweizerische Post und Raiffeisen.
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Diese App macht Kunden zu Kundenberatern.

20 Minuten

Statt auf einen hauseigenen Kundendienst setzen einige Firmen neuerdings auf die Kunden selbst. Das Schweizer Start-up Guuru hat eine Lösung entwickelt, die es erfahrenen Kunden ermöglicht, anderen Kunden bei Problemen zu helfen. Der Onlinehändler Brack.ch, der Sportartikel-Verkäufer Intersport und der Streaming-Anbieter Sky gehören zu den ersten Firmen, die diese Lösung nutzen.

So funktionierts: Wer eine Frage hat, kann über ein Chat-Icon auf der Website von Firmen wie etwa Sky eine Anfrage stellen. Diese landet dann über eine App bei sechs von Algorithmen ausgewählten Kunden, die sich mit dem Thema auskennen. Derjenige, der am schnellsten auf die Anfrage reagiert und das Problem lösen kann, erhält entweder ein Guthaben bei der Firma oder gleich einen Geldbetrag gutgeschrieben.

Hunderte Franken im Monat

«Je nach Kunde erhält ein sogenannter Guuru pro 10-minütigem Chat 3 bis 5 Franken», sagt Benno Marbach, Mitgründer und COO bei Guuru, zu 20 Minuten. Laut Marbach erhalten besonders emsige Nutzer so monatlich Hunderte von Franken als Nebenverdienst.

Aber nicht nur für hilfsbereite Kunden, auch für die Partnerfirmen von Guuru ist die Lösung lukrativ: «Im Vergleich zum klassischen Kundendienst ist Guuru für ein Unternehmen etwa halb so teuer», so Marbach.

Outsourcing als Chance

Christian Huldi, Experte für Kundenbeziehungen und Dozent an der Hochschule für Wirtschaft Zürich, sieht in einem solchen Dienst Chancen. So gebe es unter Kunden oft grössere Spezialisten als im Callcenter. Zudem seien Kunden untereinander sprachlich oft auf der gleichen Höhe.

«Die Vorteile können Firmen am besten nutzen, indem sie diese Form von Outsourcing mit einem internen Kundendienst kombinieren, statt diesen zu ersetzen», so Huldi. Sonst bestehe die Gefahr, dass der Dienst vom Kunden als reine Sparmassnahme wahrgenommen werde.

Reklamationen bleiben intern

Auch der Guuru-Mitgründer Marbach sieht den Dienst nicht als Ersatz für den klassischen Kundendienst. Es gebe gewisse Anliegen, etwa Fragen bezüglich Zahlungen oder Reklamationen, wo es weiterhin einen internen Kundendienst brauche.

Daniel Rei, Sprecher für Brack.ch und Intersport, erklärt, dass die Unternehmen auf Guuru setzen, weil sie so 24 Stunden am Tag Support bieten können. Ums Geld gehe es hingegen nicht: «Unsere Motivation lag nie darin, etwas einzusparen», so Rei.

Die Idee scheint jedenfalls Anklang zu finden. So teilt etwa Schweiz Tourismus mit, ebenfalls an Guuru interessiert zu sein. In der Guuru-App sind zudem Firmen wie die Schweizerische Post und Raiffeisen aufgeführt.

Guuru im Test

20 Minuten wollte es genau wissen und testete den Dienst. Dafür stellte ein Redaktor auf Sky.ch um die Mittagszeit eine Anfrage. Es ging darum, eine Episode einer Serie zu schauen, die erst in einigen Tagen weltweit erscheint. Nachdem ein beliebiger Name und eine E-Mail-Adresse eingegeben worden waren, erschien der Hinweis, dass man mit einem «unabhängigen Produktspezialisten» in Kontakt gebracht werde.

Innert etwa 30 Sekunden meldete sich Jane. Sie kam dem Problem schnell auf die Spur und erklärte, dass die gewünschte Episode erst in ein paar Tagen erscheint und dass das mit den Rechten von Sky zu tun habe. Der gesamte Chat inklusive Wartezeit am Anfang dauerte insgesamt knapp vier Minuten.

Weniger Erfolg bei Hardware-spezifischem Problem

Bei etwas komplizierteren Anliegen war das Ergebnis allerdings weniger überzeugend: Auf Brack.ch, wo Guuru ausserhalb der regulären Telefonzeiten des Kundendiensts aktiv ist, stellte die Redaktion eine Anfrage zu den Kanälen eines bestimmten 5.1-Audiosystems. Erst nach knapp drei Minuten erschien ein Experte. Dieser hatte Schwierigkeiten, das Problem zu verstehen und empfahl nach rund zehn Minuten schliesslich doch den internen Kundendienst.

So will Guuru die Qualität der Beratung hoch halten

Um die sogenannten Guurus zu motivieren, winkt ihnen eine Belohnung für zufriedenstellende Beratung. Die Hilfesuchenden können zudem im Nachhinein bewerten, ob sie mit der Hilfestellung zufrieden waren. Der Algorithmus von Guuru sorgt dann dafür, dass Personen mit guten Bewertungen eher kontaktiert werden als andere.

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