Konsumentenschutz soll kein Geld mehr erhalten

Publiziert

SubventionenKonsumentenschutz soll kein Geld mehr erhalten

Angriff auf Verbraucherschützer: Die Denkfabrik Avenir Suisse hält sie für überholt. Jeder könne sich beim Joghurt- oder Handykauf selbst informieren.

von
Isabel Strassheim
Die bekannteste Konsumentenschützerin in der Schweiz: Sara Stalder leitet die Stiftung Konsumentenschutz in  Bern.
«Die traditionelle Begründung für (staatlichen) Konsumentenschutz verkommt zusehends zum Anachronismus»: Samuel Rutz von der Denkfabrik Avenir Suisse spricht sich gegen eigene Organisationen für den Schutz von Verbrauchern aus.
Der Streit um den Zucker im Joghurt - soll der Staat hier eingreifen oder schadet das der Wahlfreiheit der Bürger?
1 / 9

Die bekannteste Konsumentenschützerin in der Schweiz: Sara Stalder leitet die Stiftung Konsumentenschutz in Bern.

Keystone/Peter Schneider

Wer ein Handyabo abschliesst oder einen Joghurt kauft, kann sich die nötigen Informationen im Netz zusammensuchen, um zu wissen, welches Angebot für ihn am besten passt – laut den Liberalen von der Denkfabrik Avenir Suisse ist der Konsumentenschutz dank Internet inzwischen überflüssig. «Informationslücken sind heute kein Problem mehr», sagte Avenir-Suisse-Experte Samuel Rutz am Dienstag. Denn inzwischen gebe es genügend Vergleichs- und Ratgeberforen. Jeder könne einfach und schnell herausfinden, welches Angebot oder Produkt das geeigneteste sei. «Nicht der Konsument, sondern der Wettbewerb und die Konsumentenfreiheit müssen geschützt werden.»

Der Bund unterstützt Organisationen wie die Stiftung für Konsumentenschutz oder das Konsumentenforum jährlich mit insgesamt einer Million Franken. Avenir Suisse hält das für falsch. «Diese Organisationen brauchen keine Subventionen, sondern sie sollen sich am Markt bewähren», so Rutz.

Der Streit ums Salz im Brot

Für die Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), Prisca Birrer-Heimo, ist es keine Frage, dass auch im Smartphone-Zeitalter die Informationen durch spezielle Organisationen noch nötig sind. «Eine Wirtschaft funktioniert nur gut, wenn Konsumentinnen und Konsumenten als gleichberechtigte Partner behandelt werden. Dazu gehören beispielsweise faire Geschäftsbedingungen oder Informationen, um einen bewussten Kaufentscheid fällen zu können.»

Avenir Suisse geht es jedoch nicht nur darum, wie und von wem die Konsumenten aufgeklärt werden. Sondern auch um ihre mögliche Bevormundung durch den Staat. Dem Thinktank geht es entschieden zu weit, dass in der Schweiz zum Beispiel überwacht wird, wie viel Salz im Brot und wie viel Zucker in den Cornflakes steckt. «Das ist eine Entmündigung der Konsumenten», ärgert sich Rutz. Jeder solle selbst wählen dürfen, wie gesund er essen mag oder eben nicht.

Wo die Fäden zusammenlaufen

Mit Kopfschütteln reagiert darauf Birrer-Heimo von der SKS: «Die Konsumenten lassen sich doch nicht bevormunden. Es ist jedoch wichtig, dass sie die notwendigen Informationen zur Verfügung haben, damit sie wissen, was sie konsumieren.»

Das liberale Konsumentenforum dagegen kann die Kritik von Avenir Suisse durchaus nachvollziehen und ist gegen Gesetze in «beschützender Marnier», wie der Sprecher Patrick Hischier sagt. Eindeutig brauche es jedoch weiterhin Informationen und Beratung für die Konsumenten. Trotz der inzwischen aufgekommenen privaten Vergleichsdienste im Internet seien Konsumentenorganisationen unverzichtbar. Denn sie führten alle Fäden zusammen. «Weil wir eine nicht marktwirtschaftlich getriebene Non-Profit-Organisation sind, verfügen wir zudem über mehr Glaubwürdigkeit bei der Vertretung von Konsumentenanliegen.»

Deine Meinung zählt