Arbeits-Mails nach Feierabend werden illegal

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FrankreichArbeits-Mails nach Feierabend werden illegal

In Frankreich sind Firmen-Mails am Feierabend und am Wochenende voraussichtlich bald verboten. Wie lange müssen Schweizer Angestellte erreichbar sein?

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vb/lin

Das «Recht auf Unerreichbarkeit» ist in Frankreich einen Schritt weitergekommen. Das Land will den Umgang mit Arbeits-Mails gesetzlich regeln. Als Teil der Reform des Arbeitsgesetzes soll es Firmen verboten sein, nach Feierabend und am Wochenende E-Mails zu versenden.

Die Gesetzesreform soll bis Ende Jahr verabschiedet werden. Demnach müssen Firmen, die mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigen, mit den Gewerkschaften Richtlinien aushandeln. Kleinere Firmen müssen ihre entsprechenden Grundsätze veröffentlichen.

Mit den neuen Regeln sollen die negativen Folgen der ständigen Erreichbarkeit gemildert werden. «Angestellte verlassen zwar physisch das Büro, bleiben aber durch eine Art elektronische Leine daran gebunden», kritisiert der französische Politiker Benoît Hamon.

Wie geht die Schweiz mit der ständigen Erreichbarkeit von Angestellten um? 20 Minuten beantwortet die wichtigsten Fragen:

Wie sieht die rechtliche Situation in der Schweiz aus?

Im Schweizer Arbeitsgesetz ist die Erreichbarkeit von Angestellten in der Freizeit nicht speziell erwähnt. «Der Arbeitgeber hat aber die Pflicht, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen», erklärt Pepo Hofstetter von der Gewerkschaft Unia. Die Unia würde es deshalb begrüssen, wenn auf vertraglicher Ebene ein «Recht auf Unerreichbarkeit» geregelt würde, um Freizeit und Arbeitszeit klar voneinander zu trennen.

Wie stark ist der Druck, ständig erreichbar zu sein?

Mit dem Aufkommen von neuen Kommunikationsmitteln wie dem Smartphone hat sich der Trend zur ständigen Erreichbarkeit weiter verstärkt. Laut Nicola Jacobshagen, Arbeitspsychologin an der Universität Bern, hängt das Problem der Erreichbarkeit mit den Erwartungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusammen: «Arbeitgeber erhoffen sich dadurch viel Leistung, Arbeitnehmer Bestätigung und Karrieremöglichkeiten.»

Welche negativen Auswirkungen hat das?

Wer immer auf Draht ist, kann in der Freizeit schlechter abschalten. Wobei gerade die Erholung besonders wichtig wäre für die Leistungsfähigkeit der Angestellten. «Das gilt auch für die 25-Jährigen und nicht erst für die Generation 50 plus», erklärt Jacobshagen. Die Forschung zeige, dass Teilzeitarbeit, Jobsharing oder zwischendurch ein verlängertes Wochenende einen positiven Effekt auf die Erholung hätten.

Gehört ständige Erreichbarkeit für Führungskräfte einfach dazu?

Von Führungskräften wird meist erwartet, dass sie praktisch rund um die Uhr kontaktiert werden können. Zudem sei es bei Angestellten in höheren Hierarchiestufen fast verpönt, in die Ferien zu gehen, sagt Arbeitspsychologin Jacobshagen: «Vor allem, wenn die Person keine Kinder hat.» Deshalb würden heute Firmen darüber nachdenken, den Angestellten das Handy wegzunehmen oder Leute in die Zwangsferien zu schicken.

Wie gehen grosse Arbeitgeber mit der Problematik um?

Schweizer Firmen setzen nach eigenen Angaben vor allem auf Eigenverantwortung. So ist es etwa bei Coop jedem selbst überlassen, ob er Mails in den Ferien liest. Erwartet werde es aber von niemandem. Auch für Migros-Angestellte besteht kein Zwang, Firmen-Mails ausserhalb der Arbeitszeit zu lesen. Vom oberen Kader oder der Geschäftsleitung werde aber erwartet, dass sie in Notfällen auch in den Ferien erreichbar sind. Im internen Leitfaden der Swisscom steht: «Während der Ferien lesen und beantworten Mitarbeitende weder E-Mails noch sind sie telefonisch erreichbar.» Eine Vorschrift sei das aber nicht.

Teile dieses Artikels wurden bereits am 18. Februar veröffentlicht.

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