Strahlungsgegner fordern antennenfreie Wohnzonen

Aktualisiert

ElektrosensibilitätStrahlungsgegner fordern antennenfreie Wohnzonen

Eine neue Petition fordert Wohngebiete ohne Mobilfunkmasten in der Schweiz. Vorbild der Initianten sind rauchfreie Zonen.

R. Knecht
von
R. Knecht
Kurz vor der Lancierung von 5G-Antennen will eine Interessengemeinschaft (IG) aus Hadlikon in Sachen elektromagnetischer Strahlung die Notbremse ziehen.
Die IG um Initiantin Kathrin Luginbühl fordert, dass es in ausgewählten Schweizer Wohngebieten keine Mobilfunk-Antennen mehr geben soll.
Die Gruppe schlägt das Dorf Hadlikon im Zürcher Oberland als konkrete antennenfreie Zone vor.
1 / 12

Kurz vor der Lancierung von 5G-Antennen will eine Interessengemeinschaft (IG) aus Hadlikon in Sachen elektromagnetischer Strahlung die Notbremse ziehen.

AP/Frank Augstein

Ganze Gebiete ohne Antennen – davon träumt eine Interessengemeinschaft (IG) aus Hadlikon im Zürcher Oberland. Sie will, dass es in ausgewählten Schweizer Wohngebieten keine Mobilfunkantennen mehr geben soll. Am Freitag wird die IG dem Bundesrat und dem Parlament eine Petition unterbreiten.

«Wir wollen in Bern die Notbremse ziehen», sagt Kathrin Luginbühl, eine der Initiantinnen der Petition, zu 20 Minuten. Bald werden die Konzessionen für 5G vergeben. Auch in der Nähe von Luginbühls Haus in Hadlikon ist eine 5G-Antenne geplant.

Erste strahlungsarme Zone: Hadlikon

Derzeit ist Hadlikon kaum mit Strahlung belastet, wie Luginbühl sagt. Die IG schlägt den zu Hinwil gehörenden Weiler darum als eine der ersten antennenfreien Zonen in der Schweiz vor. Sie verlangt zudem, dass weitere klar definierte Orte als «strahlungsarme Zonen» ausgewiesen werden, wo keine Mobilfunkantennen aufgestellt werden dürfen.

Eine wichtige Grundlage für das Anliegen der IG ist der Bericht des Bundesrats zum Schutz vor Passivrauchen aus dem Jahr 2006. Die antennenfreien Zonen verlangt die IG analog zu rauchfreien Zonen. Die Massnahme gelte dem Schutz der Bevölkerung – der volle Name der IG lautet denn auch Interessengemeinschaft Hadlikon zum Schutz der Bevölkerung.

Gesundheitliche Schäden befürchtet

Die von Funkmasten ausgehende elektromagnetische Strahlung verursacht laut Initiantin Luginbühl gesundheitliche Schäden. Sie selbst sei seit Jahrzehnten besonders sensibel auf diese Strahlung und leide darum unter anderem an Schlafstörungen und Kopfschmerzen, wenn sie ihr ausgesetzt sei.

Laut der Petition reagieren 5 bis 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung sensibel auf elektromagnetische Strahlung. Doch die Belastung habe auch Auswirkungen auf Menschen, die nicht zu dieser Gruppe zählen. Das bestätigten viele unabhängige Studien, so Luginbühl. Welche Studien sie genau meint, wollte die Initiantin aber noch nicht verraten. Die verschiedenen Befunde werde die IG am Freitag in Bern vorlegen.

Keine wissenschaftlichen Belege

Gregor Dürrenberger von der Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation an der ETH teilt die Bedenken Luginbühls nicht. Es gebe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Antennen mit ihrer Strahlung gesundheitliche Schäden verursachen könnten. Experten seien der Meinung, dass – wenn überhaupt – eher mit der Strahlung des Handys ein Risiko verbunden sein könnte, da dessen Antenne nahe am Körper liegt.

Auch einen klaren Zusammenhang zwischen Elektrosensibilität und Strahlung sieht Dürrenberger nicht. Die Symptome seien real, das sei unbestritten. Jedoch sei es sehr unwahrscheinlich, dass die Strahlung die physikalische Ursache ist. «Einiges weist darauf hin, dass die Überzeugung der Menschen, die Strahlung sei schädlich, eine wichtige Rolle spielt», so Dürrenberger.

Sie wohnen neben einer Antenne, die Strahlung ist Ihnen aber egal? Oder merken Sie etwas davon? Erzählen Sie uns von Ihrer Erfahrung.

Verursacher sollen Beweislast tragen

Initiantin Luginbühl ist sich derweil bewusst, dass es schwierig ist, die durch Strahlung verursachte Beeinträchtigung nachzuweisen. Sie hält es aber für falsch, dass die Betroffenen die Beweislast tragen: «Stattdessen sollten die Verursacher der Strahlung beweisen können, dass sie keine Wirkung auf die Gesundheit hat.»

Netzanbieter seien grobfahrlässig vorgegangen, als sie Technologien flächendeckend in Betrieb nahmen, ohne sie ausreichend auf die Umweltverträglichkeit zu prüfen, sagt Luginbühl. Darum fordert die IG, dass alle Mobilfunktechnologien einer solchen Prüfung unterzogen werden.

Das sagen die Netzbetreiber:

20 Minuten hat bei den Netzbetreibern nachgefragt, ob sie zu der Petition Stellung nehmen möchten.

Sunrise: Der Ausbau des Netzes sei nötig, da sich der Datenverkehr jährlich verdopple, vor allem in Wohn- und Geschäftszonen. Die Forschung habe bisher keine schädigende Wirkung nachgewiesen.

Swisscom: Eine Petition zu lancieren sei «gutes schweizerisch-demokratisches Recht». Zur Gesundheitsfrage wollte das Unternehmen keine Stellung nehmen und verwies auf das Bundesamt für Umwelt und die Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation.

Salt: Auch Salt betont, dass die Forschung bislang keine gesundheitsschädigenden Wirkungen durch Mobilfunkanlagen nachgewiesen habe. Zudem sieht das Unternehmen durch die Petition den Fortschritt des Landes angegriffen. Dies, weil die IG fordert, dass keine weiteren Konzessionen für flächendeckend eingesetzte Mobilfunktechnologien vergeben werden.

Deine Meinung zählt