Nächste Initiative will Finanzsystem umkrempeln

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Vollgeld-InitiativeNächste Initiative will Finanzsystem umkrempeln

Nach dem Nein zur Goldinitiative wollen die Befürworter der Vollgeld-Initiative profitieren. Diese würde das Finanzsystem von Grund auf verändern.

von
Laura Frommberg

Bei der Nationalbank dürfte am Sonntag der Champagner geflossen sein – wohl auch wegen einer breit angelegten Medienkampagne von Präsident Thomas Jordan höchstpersönlich hat das Stimmvolk die Goldinitative deutlich abgelehnt. Doch kaum ist die eine Initiative vom Tisch, geben die nächsten Initianten Gas. Und auch die wollen den Finanzmarkt umkrempeln.

Dabei wollen die Initianten vom Goldinitiativen-Nein profitieren. «Die Goldinitiative brachte das heutige problematische Geld- und Bankensystem in die öffentliche Diskussion», teilten sie mit. Doch das Stimmvolk habe auch erkannt, dass die Gold-Initiative keine Sicherheit gegeben hätte. «Der Grund liegt darin, dass rund 90 Prozent des umlaufenden Geldes von privaten Banken und nicht von der Nationalbank geschaffen wird. »

Virtuelle Kredite

Was sie damit meinen: Die Banken sollen nur das Geld verleihen, das sie auch wirklich besitzen. Momentan ist das bei Weitem nicht der Fall: Es ist wesentlich mehr Geld im Umlauf, als physisch tatsächlich vorhanden ist. Das geschieht über die Kreditvergabe an Kunden. Doch diese Kredite werden eben nicht vom Guthaben anderer Kunden finanziert, sondern existieren rein virtuell. Das führt dazu, dass das Guthaben vieler Bankkunden nur Forderungen gegenüber ihrer Bank sind. Und alle Forderungen der Schweizer Bankkunden zusammengenommen machen in der Summe etwa zehnmal so viel aus wie das Bargeld, das im Umlauf ist.

Ein Risiko, finden die Initianten vom Verein Monetäre Modernisierung (Momo). Im Fall einer Finanzkrise oder des Konkurses einer Bank sei das Geld nicht wirklich geschützt. Sie schlagen daher eine Reform der Finanzpolitik vor: Einzig die Nationalbank soll künftig für die Geldschöpfung zuständig sein – auch für die elektronische. Damit würde das von den Geschäftsbanken durch die Kreditvergabe geschaffene Buchgeld verschwinden und durch sogenanntes Vollgeld der Nationalbank ersetzt. Die Banken dürften weiterhin Kredite gewähren, aber nur noch in dem Umfang, in dem sie selber über Vollgeld verfügen.

300 Mitglieder

Rund 300 Mitglieder hat der Trägerverein. Aktiv Interessierte gibt es laut Momo aber tausende. Und: Auch der eine oder andere prominente Wissenschaftler unterstützt das Vorhaben. So etwa der emeritierte St. Galler Wirtschaftsprofessor Peter Ulrich oder Hans-Christoph Binswanger, ebenfalls emeritierter St. Galler Professor.

Kritiker der Initiative sehen katastrophale Folgen für den Finanzplatz Schweiz – er könnte sich komplett isolieren, so die Angst. Im Gegenteil, heisst es von Momo: «Mit Vollgeld wird der Schweizer Franken zur sichersten Währung und den Bankenplatz Schweiz im Bereich Vermögensverwaltung stärken», so Momo-Geschäftsführer Daniel Meier. Die Grossbanken würden allenfalls Stellen im spekulativen Investmentbanking abbauen.

Thomas Jordan skeptisch

Die Nationalbank ist nicht begeistert von den Plänen. Allerdings ist der SNB-Präsident lange nicht so deutlich dagegen wie bei der Goldinitiative. Die Vollgeld-Idee sei «konzeptionell in gewisser Hinsicht interessant», so Jordan kürzlich bei einer Rede. Doch weil noch kein Land weltweit jemals Vollgeld eingeführt habe, sei zweifelhaft, ob durch die Initiative wirklich besseres Geld entstehen würde. Sie sei «ein gigantisches Experiment». Die Initiative soll 2018 oder 2019 vors Volk kommen.

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