Begehrte WährungNun setzen Spekulanten auf die Krone
Mit der Untergrenze zum Euro hat die Schweizerische Nationalbank die Spekulanten vertrieben. Sie sind in Norwegens und Schwedens Kronen geflüchtet. Werden auch diese Länder zu Akteuren im Währungskrieg?

Gegenüber dem Franken hat die Norwegische Krone stark aufgewertet.
Eins zu Null für die Schweizerische Nationalbank. Lediglich mit der Ankündigung, einen Mindestkurs zu verteidigen, ist der Euro-Franken-Kurs am Dienstag auf über 1.20 Franken geschossen. Devisenspekulanten haben kalte Füsse bekommen und sich von der helvetischen Währung verabschiedet. «Wer auf einen sinkenden Euro setzt, investiert in Währungen von denen er glaubt, dass sie künftig stärker werden», sagt Alessandro Bee, Ökonom bei der Bank Sarasin. Fündig geworden sind die Händler in nordischen Währungen.
Fast im Gleichschritt mit der Abschwächung des Frankens stiegen der Wert der Norwegischen und der Schwedischen Krone gegenüber dem Franken um rund 10 Prozent an. «Die Händler waren auf den Entscheid der Schweizer Notenbanker vorbereitet und sattelten rasch auf Krone um, statt gegen die SNB zu spekulieren», erklärt Bee.
Längst mit einem Erstarken der nordischen Währungen gerechnet hat Susanne Toren von der Zürcher Kantonalbank. «Die Länder sind solide: Wirtschaftswachstum ohne Schuldenberge. Die Aufwertung ist also nicht nur spekulationsbedingt, sondern auch fundamental gerechtfertigt.» Spekulanten haben laut Toren aber gute Aussichten auf Gewinne, da beide Währungen gemessen an der Kaufkraftparität zum Euro noch weit von einer Überbewertung entfernt sind.
Norwegens Notenbanker reagieren
Trotzdem liess die Reaktion der norwegischen Zentralbank nicht lange auf sich warten. Am Donnerstag liess sie durchblicken, dass sie im Falle einer Überbewertung der Krone an der Zinsschraube drehen werde. Eine zu starke Währung könne die Wirtschaft abwürgen, so die Botschaft. Um das norwegische Wachstum steht es ziemlich schlecht: Im zweiten Quartal 2011 wuchs die Wirtschaft noch um winzige 0,3 Prozent gegenüber des Vorjahresquartals. Ganz anders in Schweden: Hier wuchs das Bruttoinlandprodukt im zweiten Quartal 2011 um 5,3 Prozent.
Für das erdölreiche Norwegen ist die Lage gleich in mehrfacher Hinsicht schwierig. Entwickelt sich die Weltkonjunktur aufgrund der Schuldenkrisen schlecht, sinken Erdölpreis und Nachfrage. Für Norwegen bedeutet dies weniger Erlöse. Zudem sind die in Dollar gemachten Erdöleinnahmen in der Landeswährung weniger wert.
Sollte eine Zinssenkung nicht ausreichen, um Norwegens Wachstum zu sichern, rechnet Sarasin-Ökonom Bee damit, dass die norwegische Zentralbank in einem zweiten Schritt die Krone über Devisenmarktinterventionen zu schwächen versucht. Kommt es also schon bald zum internationalen Abwertungskrieg? «Eher nicht», glaubt Bee. Der Grund: Die Norwegische und die Schwedische Krone spielten nicht im Konzert der Grossen, weshalb sich das Fed und die Europäische Zentralbank nicht gegen eine Abwertung stemmen dürften.
Eigentlich zu kleine Märkte
Gegen den Wandel der Norwegischen und Schwedischen Krone zu sicheren Häfen in unsicheren Zeiten sprechen die Vergangenheit – und die ökonomischen Regeln. Während der Finanzkrise im Jahr 2008 waren die Kronen nicht gefragt. «Bei Krisen geht man eigentlich nicht in kleine Märkte. Sie sind zu wenig Liquide», erklärt ZKB-Ökonomin Toren. Noch vor wenigen Monaten hatten sich die Anleger auch daran gehalten. Bei jeder Eskalation der Schuldenkrise in Europa hatten auch die Norwegische und die Schwedische Krone mitgelitten – teilweise stärker als der Euro selbst. Weshalb der Umschwung? «Die Währungen sind Mode geworden», sagt Toren – oder etwas weniger schön ausgedrückt: Die Franken-Spekulanten suchen neue Möglichkeiten.