VatikanPapst empfiehlt islamisches Banking
Lob aus dem Vatikan für die «Konkurrenz»: Im Finanzwesen solle man sich ein Beispiel nehmen an Instituten, die nach islamischem Recht geschäften, schreibt der «Osservatore Romano».
Die Wut auf den Kapitalismus ist im Vatikan gross. Benedikt XVI. hat sich schon oft über die Gier der westlichen Finanzinvestoren ausgelassen. Kein Wunder: Auch die Anlagen des Vatikans kamen gemäss «ftd.de» unter die Räder. Im Jahre 2007 ging wegen Turbulenzen an den Finanzmärkten der Haushaltsüberschuss des Kirchenstaats um zwei Drittel zurück.
Der Kapitalismus ist gescheitert
Das offizielle Verlautbarungsorgan des Papstes, der «Osservatore Romano», fordert die westlichen Banken auf, von den muslimischen Instituten zu lernen. «Islamic Finance kann zu neuen Regeln in der westlichen Finanzwelt beitragen», schreibt die Zeitung und erklärt den Kapitalismus für gescheitert.
Die Finanzregeln auf der Grundlage der Scharia führen nicht zur Prügelstrafe für fehlbare Banker, sondern untersagen Zinsen sowie ungedeckte Kredite. Verboten sind Anlagen, die als «haraam», als Sünde gelten, beispielsweise Investitionen in Destillerien und Casinos. Geldgeber werden statt mit Zinsen beispielsweise mit einem Teil der Gewinne des finanzierten Unternehmens entschädigt. Oder eine Bank kauft beispielsweise ein Haus und verkauft es mit einem Aufschlag weiter, wobei der neue Besitzer den Preis in Raten zahlen darf.
Die islamischen Banken haben die Finanzkrise bisher besser überstanden, ihnen waren Subprime-Kredite und andere komplizierte, strukturierte Anlagen untersagt.
Überlegene Rendite
Zumindest in der Krise ist islamisches Banking dem westlichen Modell überlegen. Über die vergangenen fünf Jahre verlor der US-Aktienindex S&P-500 – der 500 Unternehmen umfasst – 27 Prozent. Der um muslimische Aspekte «bereinigte» S&P-Shariah, der nur noch 320 Firmen umfasst, verlor in diesem Zeitraum dagegen lediglich 9 Prozent.
Nach islamischen Grundsätzen wird erst ein sehr kleiner Teil der weltweiten Vermögen investiert. In den Jahren 2006 und 2007 verzeichneten Scharia-Anlagen jedoch Zuwachsraten von 25 und 37 Prozent. Darin enthalten sind nicht nur Neugeldzuflüsse, sondern auch Wertsteigerungen: Die islamischen Anlagen legten in den beiden Jahren je 15 Prozent an Wert zu.
Wenn nun auch in der westlichen Welt vermehrt auf Islamic Banking gesetzt wird, könnten die Wachstumsraten weiter zunehmen. Potenzial besteht auch in der islamischen Welt. In Indonesien, das 220 Millionen mehrheitlich muslimische Einwohner zählt, halten islamische Banken – es gibt deren fünf – nur einen Marktanteil von ein bis zwei Prozent.
Schlechter Ruf der Vatikanbank
Westliche Anleger müssen sich nicht zu islamischen Banken begeben, um Scharia-konforme Anlagen zu tätigen. Immer mehr hiesige Institute bieten Islamic-Banking-Produkte an. Vielleicht lanciert auch die Vatikanbank bald Produkte mit diesen hohen ethischen Ansprüchen. Denn die Bank des Papstes könnte einen Image-Gewinn gebrauchen: Sie hat sich noch nicht vom Skandal um Mafia-Verbindungen in den Achtzigerjahren erholt.
(scc/wg)