Profiteure des Seniorenbooms

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Synthes-DealProfiteure des Seniorenbooms

Synthes ist ein begehrter Übernahmekandidat. Der Grund: Das Unternehmen ist in einem gigantischen Wachstumsmarkt tätig - im Markt der Alten.

von
Elisabeth Rizzi

Johnson & Johnson ist laut Gerüchten in den Wirtschaftsmedien offenbar bereit, 20 Milliarden Dollar für den Kauf des schweizerisch-amerikanischen Medizinaltechnikunternehmens Synthes zu bezahlen. So viel hatte auch Sanofi-Aventis für die US Biotechfirma Genzyme bezahlt. Analysten halten angesichts des Marktpotenzials diesen Preis trotzdem für zu tief.

Tatsächlich spielt die Zeit für den Konzern. Denn genauso wie andere Firmen schwimmt Synthes trotz wachsenden Preisdrucks auf der Überalterungswelle der Industrienationen. Dieser Markt wurde lange von den Unternehmen links liegen gelassen. Doch in den nächsten Jahrzehnten wird er zur Goldgrube.

So sagt die europäische Statistikbehörde Eurostat in ihrem Demography Report 2010 voraus, dass die Zahl der Sechzig- und Übersechzigjährigen in der EU gegenwärtig um über 2 Millionen Personen pro Jahr ansteigt. Das ist ein doppelt so schnelles Wachstum wie noch vor drei Jahren. Der Anteil der Alten wird rasant ansteigen von heute 17,4 auf 30 Prozent im Jahr 2060. Besonders stark wird der Anteil der über Achtzigjährigen wachsen. Er verdreifacht sich von heute 3,1 Prozent auf 12,1 Prozent 2060.

Häufige Stürze

Alte Menschen brauchen vermehrt teuere Produkte. Etwa Zahnersatzbehandlungen, welche die Zahnimplantatehersteller Straumann oder Nobel Biocare frohlocken lassen. Weil im Alter das Beissen ohnehin schwieriger wird, freut sich auch Babynahrungshersteller Hipp. Dessen Umsatz wächst derzeit gut 20 Prozent jährlich, obwohl die Geburtenrate in Westeuropa kontinuirlich zurückgeht. Der Grund: Immer mehr Senioren greifen zu den Pürées. Laut «Bilanz» sollen Senioren bereits 10 Prozent zum Markt der Babynahrung in Deutschland beitragen.

Senioren stürzen laut Studien auch häufiger: Ein Drittel der über 65-Jährigen in Mitteleuropa stürzt mindestens einmal pro Jahr. Und rund 20 Prozent dieser Stürze haben medizinische Betreuung zur Folge. 10 Prozent der Stürze gehen weniger glimpflich aus und enden sogar mit Brüchen. Hier kommt Synthes zum Zug. Das Unternehmen liefert Schrauben und Platten für die Behandlung von Frakturen.

Doch nicht nur Stürze beeinträchtigen die Knochen. Bei Arthrosen kommen künstliche Gelenke zum Einsatz. Das wiederum ist das Kerngebiet von Zimmer. Das US-Unternehmen hat die Winterthurer Centerpulse (ein Spin-Off von Sulzer Medica) übernommen.

Von den Gebrechen im Alter profitieren auch Hörgerätehersteller wie etwa Sonova. Schon heute ist bereits jeder Fünfte in Deutschland schwerhörig. Die Zahl der über 70-Jährigen mit Hörproblemen beträgt dabei 54 Prozent.

Leichter ein- und aussteigen

Aber auch Hersteller aus den schönen Bereichen des Lebens profitieren von der Demographie. Denn die Alten haben viel Geld. So verfügt jedes fünfte Rentnerpaar in der Schweiz sogar über ein Bruttovermögen von über einer Million Franken.

Reisen und Luxuswagen sind deshalb sehr gefragt. Beispielsweise wird heute jeder dritte Porsche Cayenne von einem über Fünfzigjährigen gekauft. Laut Andresas Reidl von der A.GE Agentur für Generationen-Marketing sind solche Geländewagen mit einer Höhe von 1,69 Metern geradezu ideale Seniorenautos. Der Grund: Bei den teuren Kastenwagen fällt das Ein- und Aussteigen leichter als bei den schnittigen Sport-Flitzern.

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