Bankgeheimnis verletztRaiffeisen verschickt falsche Kontoauszüge
Die Pechsträhne bei Raiffeisen reisst nicht ab: Die Bank hat über 100 Kunden die Kontoauszüge anderer Kunden geschickt.
Die Raiffeisenbank kommt aus den Negativschlagzeilen nicht heraus. Nach der Affäre um den langjährigen Bank-Chef Pierin Vincenz sieht sich die Bank mit der nächsten Panne konfrontiert. 114 Kunden haben vor Wochenfrist falsche Kontoauszüge erhalten. Dies berichtet das Finanzportal «Inside Paradeplatz». Statt der eigenen Daten erhielten die Raiffeisen-Kunden Auszüge anderer Personen. Aufgefallen ist der Fehler, weil Kunden reklamierten.
Eine Sprecherin der Raiffeisen bestätigt auf Anfrage von 20 Minuten: «Aufgrund einer technischen Störung bei unserem externen Provider für die Output-Produktion wurden am 17. April 2018 an 114 Kunden Versände mit falschem Inhalt getätigt.» Die Bank stehe mit den Kunden in Kontakt. Der Provider habe zusätzliche technische und manuelle Kontrollen implementiert, um den Fehler in Zukunft zu verhindern, erklärt die Sprecherin.
Zudem wurde die Finanzmarktaufsicht (Finma) informiert. Diese will nun wissen, wie es zum Vorfall gekommen ist und wie die Bank mit dem dem Sachverhalt umgeht. Bussen aussprechen kann die Finma im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit nicht. «Raiffeisen Schweiz hat in Gossau Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht, da es sich beim Vorfall um eine Verletzung des Bankkundengeheimnisses handelt», teilt ein Banksprecher weiter mit. Was das für Konsequenzen hat, ist offen.
«Für eine Bank ist ein Fall von falsch versendeten Kontoauszügen enorm peinlich», sagt Kommunkationsexperte Roger Huber zu 20 Minuten. Der Fehler zeige, wozu Kostendruck und Auslagerungen führe. «Man kann nicht im Backoffice ständig sparen und glauben, die Qualität bleibe auf dem gleichen Niveau», so Huber weiter. Immerhin attestiert Huber der Bank, bei der Kommunikation richtig gehandelt zu haben: «Es ist enorm wichtig, dass die Kunden nicht aus den Medien vom Fall erfahren.»
«Bank muss abwarten, bis sich die Sache gelegt hat»
Raiffeisen steht auch wegen der Affäre um Pierin Vincenz in den Negativschlagzeilen. Wie kann die Bank Gegensteuer geben? «Manchmal gibt es im Sturm keine Möglichkeit, sachlich zu kommunizieren. Die Bank muss abwarten, bis sich die Sache gelegt hat.» Egal wie viel Geld Raiffeisen jetzt in eine positiv Kampagne investierte: Es würde laut Huber durch die nächste Negativschlagzeile weggefegt.
Mit einer grösseren Panne mit einem Versand von falschen Kontoauszügen war im Jahr 2014 die Bank Coop konfrontiert. Damals erhielten 43'000 Bank-Coop-Kunden die Kontoauszüge von Kunden, die teilweise in der unmittelbaren Nachbarschaft wohnten. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt leitete ein Verfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses ein, entschied aber später, dass nach Schweizer Bankengesetz kein Straftatbestand vorliege. Als Entschuldigung erhielten die betroffenen Kunden Railaway-Freizeitgutscheine.