VerteilungsmonitorSchweizer verdienen im Schnitt 58'802 Franken
Das Durchschnittseinkommen liegt in der Schweiz bei knapp 59'000 Franken pro Jahr. Laut Studie ist die Lohngleichheit gestiegen. Zugenommen haben auch die Vermögensmillionäre.
Wie viel verdient ein Schweizer im Durchschnitt? Und wie sind die Einkommen in der Schweiz verteilt? Antworten auf diese Fragen liefert der neue Verteilungsmonitor des Prognoseinstituts BAK Basel, das verschiedene Datenquellen zusammenträgt. Demnach verdiente ein Schweizer pro Jahr im Schnitt 58'802 Franken. Dabei geht es aber nicht um einen Brutto-Monatslohn, sondern um das verfügbares Äquivalenzeinkommen*. Dieser Wert umfasst fast alle Einkommenskomponenten – darunter Lohneinnahmen, Zinsen und Sozialhilfe – und berenigt sie rechnerisch um die Haushaltsgrösse.
Ausgewertet wurden Daten bis ins Jahr 2012. Der Medianlohn – die Hälfte der Bevölkerung liegt über, die andere Hälfte unter diesem Wert – lag 2012 bei 49'981 Franken. Der Durchschnittslohn war somit knapp 18 Prozent höher als das mittlere Einkommen. Zwischen 2007 und 2012 stieg das Durchschnittseinkommen um 6674 Franken, das Medianeinkommen um 6608 Franken.
Unter die Lupe genommen hat BAK Basel in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftswissenschaftlern der Universität Basel auch die Einkommensverteilung. Nach einem leichten Anstieg von 2007 auf 2008 sank der sogenannte Gini-Koeffizient zwischen 2009 und 2012 von 0.34 auf 0.30. Das heisst: Die Einkommensschere hat sich zuletzt reduziert. Je niedriger der vom Italiener Corrado Gini konzipierte Koeffizient ist, desto gleichmässiger sind die Einkommen verteilt.
Bescheidene Lohnzuwächse bei Spitzenverdienern
Grund für die steigende Lohngleichheit sind laut BAK Basel die kleineren Einkommenszuwächse bei den Spitzenverdienern. Die Einkommen der obersten 0,1 Prozent sind im Vergleich zu den übrigen Löhnen langsamer gewachsen. Zudem: Am anderen Ende des Einkommensspektrums war eine positive Entwicklung zu verzeichnen, schreiben die Studienautoren. So zeigten wesentliche Indikatoren einen Rückgang der Armut. Im Jahr 2012 galten 7,7 Prozent der Schweizer Bevölkerung als arm gemäss Definition der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Im Jahr 2007 betrug die Armutsquote noch 9,3 Prozent. Aber: 2011 galten erst 7,4 Prozent der Bevölkerung als arm.
Nicht verändert hat sich der Anteil der Sozialhilfeempfänger, wie die Studienautoren schreiben. Schaut man sich den Wert aber im Detail an, stieg er um 0,1 Prozentpunkte auf 3,2 Prozent. Dies ist der höchste Wert seit 2007. Interessant ist zudem der Umstand, dass der Anteil Männer unter den Tieflohnbezügern von 5,4 Prozent im Jahr 2000 auf 6,9 Prozent im Jahr 2010 gestiegen ist. Als Tieflohnbezüger gilt, wer weniger als zwei Drittel des Bruttomedianlohns verdient. Bei den Frauen hat sich der Anteil von 20,8 auf 19,1 Prozent verringert.
Weniger Einkommensmillionäre
Laut den Angaben aus dem Verteilungsmonitor gab es 2011 pro einer Million Einwohner 717 Einkommensmillionäre, was 5,6 Prozent weniger sind als im Jahr 2007. Die Vermögensmillionäre haben allerdings zugenommen – und zwar um 13,3 Prozent auf 246'779 Personen. Zudem hat das oberste Fünftel der Einkommensbezüger ihren Anteil am Gesamteinkommen um 0,8 Prozentpunkte auf 52,2 Prozent steigern können.
Die Macher des Verteilungsmonitors gehen bereits vorsorglich auf Kritik ein. Denn: Andere Studien zum Thema Einkommensungleichheit in der Schweiz zeigen ein sich teilweise widersprechendes Bild. Betrachtet man beispielsweise die steuerbaren Einkommen, sind diese im Jahr 2011 ungleicher verteilt als im Jahr 2001. Die Gini-Koeffizienten der verfügbaren Einkommen schwanken zwischen 0,31 und 0,28 und sind im Jahr 2011 niedriger als in den Vorjahren. Ursachen für die unterschiedlichen Verläufe seien die verschiedenen Grundgesamtheiten und Einkommensbegriffe, schreiben die Macher von Verteilungsmonitor.ch.
Verfügbares Äquivalenzeinkommen*
Haushalte beziehen Einkommen aus verschieden Quellen, neben Lohneinkommen und Gewinnen aus dem eigenen Betrieb gehören auch Sozialhilfe oder Mieteinkünfte zum Haushaltseinkommen. Soll nun die Einkommensungleichheit betrachtet werden, muss das gesamte Einkommen berücksichtigt werden. Um die Einkommenssituation von Haushalten unterschiedlicher Grösse zu vergleichen, wird das gesamte Einkommen eines Haushaltes zu dem Äquivalenzeinkommen umgerechnet.
Bei der OECD-Skala erhält die erste erwachsene Person im Haushalt ein Gewicht von 1; weitere im Haushalt lebende Personen über 14 (Erwachsene und Jugendliche) ein Gewicht von 0,5 und Kinder bis zu einem Alter von 14 Jahren ein Gewicht von 0,3. Unter der Annahme, dass alle Haushaltsmitglieder gleich von dem gemeinsamen Einkommen profitieren, wird das errechnete Äquivalenzeinkommen jedem Haushaltsmitglied zugewiesen.
Wer gilt als arm?
Hier wird zwischen der relativen und absoluten Armutsgrenzen unterschieden. Eine relative Armutsgrenze liegt bei 60 bzw. 50 Prozent des mittleren verfügbaren Einkommens in Privathaushalten. Absolute Armutsgrenzen werden in der Schweiz von der der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) veröffentlicht und variieren je nach Haushaltskonstellation und Wohnort. Die Skos-Armutsgrenze dient als Grundlage zur Berechnung der Sozialhilfe. Armutsgrenzen sind umstritten. Faktoren wie Bildungsstand oder soziales Netz spielen ebenfalls eine grosse Rolle, wie die Macher von Verteilungsmonitor.ch schreiben.